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Kehrtwende bei Cook

Lautsprecher 193 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgMan könnte sagen, es menschelt wieder im Reisevertrieb. Jenseits der medialen Wahrnehmung vor allem auf den privaten Fernsehkanälen mit ihrem Bombardement an touristischen Werbespots für irgendwelche Buchungs-Portale scheinen die Veranstalter nach einer zwischenzeitlichen Begeisterung für den Vertragsabschluss im Web wieder verstärkt auf die Beratung im Eigenvertrieb oder durch Reisebüros zu setzen.
Zwar schlüpft auch Thomas Cook wieder zum Abverkauf auf die Plattformen von Unister, aber die überraschende Personalie, offensichtlich den Chief Digital Officer nicht mehr zu benötigen, spricht Bände. Unter dem ebenfalls freigesetzten CEO Michael Tenzer war es erklärte Strategie des großen Mainstream-Veranstalters, offensiv auf die neue Technik der Verfügbarkeit und Kombination „on a fingertip“ zu setzen. Bei manchen Äußerungen aus dem Hause Cook konnte man sogar den Eindruck gewinnen, mittelfristig strebe man an, etwa Zweidrittel der Buchungen an den heimischen Computer des Urlaubers auslagern zu wollen.
Von allen Managern der Großveranstalter war Tenzer sicher der Technik-affinste. Und unter seiner Führung, die leider manchmal so rigoros und scheinbar alternativlos war, dass ein Großteil der tradierten Mitarbeiter ihr nicht mehr folgen konnten, hat sich Oberursel schneller in den Prozessabläufen modernisiert, als man das von so einem Dickschiff der Branche erwarten konnte.
Aber die Weltlage hat diese Ambitionen brutal ausgebremst. Zwar wird in der Gesamtheit weiter gereist – zum Glück – jedoch noch nie war die subjektive Unsicherheit der Urlauber so groß. Wirtschaftliche und terroristische Drohkulissen minimieren beim weit überwiegenden Teil der Kundschaft die Bereitschaft, dem digitalen Lockruf des Internets zu folgen – nur, weil es dort angeblich ein paar Euro günstiger sein soll, als im Reisebüro um die Ecke.
Nein, die gefühlte Sicherheit ist heute das größte Gut des organisierten Reisens. Die Menschen suchen wieder die Beratung. Sie wollen wissen, wie sehr sie sich darauf verlassen können, dass ein perfekter Service vor Ort sie auch in unangenehmen Situationen gut betreut. Sie wollen keine austauschbaren No-name-Hotels mehr, die auf zwanzig Portalen nur noch über den Preis verkauft werden und wo man vielleicht hinterher feststellen muss, dass die Intelligenz der Masse auf den Bewertungsportalen so schlecht gar nicht lag mit den kritischen Kommentaren.
Die TUI hat es konsequent vorgemacht. Nun folgen ihr fast alle Großen: Exklusivmarken sollen für das Vertrauen stehen, das man dem Veranstalter per se entgegenbringt. Die Reisebüros – zumindest die eigenen, auf die man direkt Zugriff hat – werden multimedial aufgehübscht und mit Service-Tools fit gemacht für jede noch so besorgte Frage der Urlauber am Counter. Die Expedienten sollen ihren Beruf neu verstehen und nicht mehr nur sattelfest sein bei Flug-, und Preistabellen, sondern auch die Gabe des Geschichten-Erzählens erlernen.
Natürlich wird die Zeit nicht zurückgedreht, und natürlich werden vor allem schlichte Produkte weiterhin über das Internet verkauft werden. Sogar mit leicht steigender Tendenz. Aber in unsicheren Zeiten haben Qualität und individuelle Beratung wieder einen Stellenwert, wo der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht der auf Effektivität getrimmte digitale Umbau. Das hat Peter Fankhauser erkannt. Und dafür stehen auch Stefanie Berk und Kirsten Feld-Türkis, die beiden Frauen, die jetzt die Strategie von Thomas Cook prägen werden. Für den Beratung suchenden Kunden ist das eine gute Nachricht. Und für die Reisebüros auch.

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