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Wird der Sommer wirklich gut?

Lautsprecher 200 – der „Was mit Reisen“ – Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgDer Winter ist wieder da, auch in Deutschland. Zugeben, ich mag ihn nicht – in der Stadt mit seinem Schneematsch und all den Behinderungen. Das freut die touristische Industrie, weil sie eine große Angebotspalette für meinen Fluchtreflex und Sehnsucht nach Wärme und Sand hat. Ich mag den Winter auf dem Land, möglichst abseits der Skizentren, weil ich auf Brettern völlig unbeholfen mich anstelle, wegen der Schneeromantik und der guten Luft. Auch das freut die touristische Industrie, weil bei erdgebundenen Zielen Winter mit Schnee Voraussetzung ist für gute Geschäfte.

Alles klar also, möchte man meinen, und trotzdem macht sich Sorge breit in den Führungsetagen der Reisebranche. Allen Beschwichtigungen zum Trotz, und auch allen guten Aussichten, wie in der gerade veröffentlichten Reiseanalyse dokumentiert – die ja auch Thema dieser Sendung ist – der Urlauber ist zur Zeit träge bei der Reisebuchung. Es liegt nicht an den Preisen, der eigenen wirtschaftlichen Situation oder des fehlenden lockenden Angebots. Exogene Faktoren, wie es so technokratisch heisst, hemmen gerade die sich in konkreter Buchung manifestierende Reiselust. Und das ist ein Problem. Denn traditionell wird gleich zu Beginn des Reisejahres und rund um Weihnachten gut gebucht. Vor allem von Familien, die die frühen Angebote nutzen wollen und teilweise müssen fürs Ferienbudget, ist jetzt vernehmlich Zurückhaltung zu spüren.

Wir brauchen jetzt nicht hier aufzuzählen, welche Nachrichten in den letzten Monaten nicht gerade ermunternd waren für das Reisen. Und es sind eben nicht mehr nur die üblichen Verdächtigen aus dem nordafrikanischen Raum, die nicht zur Ruhe kommen. Die Türkei zum Beispiel präsentiert sich instabiler denn je. Und auch die Anschläge vor allem in Istanbul und Paris haben eine neue Dimension der Angst heraufbeschworen: das bisher relativ unbeeindruckte Segment des Kurzurlaubs, der in der Regel ein Städtetrip ist, und bei dem man gut gemeinten Ratschlägen des Auswärtigen Amtes, Menschenansammlungen zu vermeiden, kaum nachkommen kann. Denn gerade deshalb fährt man ja in Städte, um die Sehenswürdigkeiten und das pralle Leben zu geniessen.

Kurz, trotz des dicken Fells, das sich Urlauber mittlerweile zugelegt haben in punkto Krisengebiete, ist es zur Zeit eher Wunschdenken der Touristiker, dass sich alles schon wieder schnell beruhigt, und die Sommersaison unbeschadet sich noch entwickelt.

Und da ist noch ein anderes Hindernis, das sich wie Gift einschleicht in die Urlaubsplanung. Die Flüchtlingskrise. Die täglichen beunruhigenden Nachrichten über die vielen ankommenden Menschen und die Konfliktpotentiale, die sich in den Zielgemeinden entwickeln. Das Fremdeln vieler mit ihnen fremden Verhaltensweisen, die am Urlaubsort vielleicht noch als Folklore gemocht, aber vor dem heimischen Gartenzaun als Störung des deutschen Lebensalltags empfunden werden. Und ich rede jetzt nicht über die Vorkommnisse der Silvesternacht. Die immer mehr zur polizeilich bestätigten Erkenntnis gewordene Kriminalität maghrebinischer Flüchtlinge, die zwar weniger brutal vorgehen als lange Jahre die berüchtigten Balkan-Banden, aber viel massiver und unbekümmerter in der Öffentlichkeit.

Wenn man dann noch die europäischen Verwerfungen hinzunimmt, die fast schon feindselige Stimmung gegen Deutschland vor allem aus den östlichen Mitgliedsländern, und die Ablehnung, Deutschland bei der Unterbringung und Integration der vielen Flüchtlinge zu helfen.., dann ergibt das eine Gemütslage, die viele Reiseziele als problematisch einstuft.

Das sind interessanterweise alles diffuse Faktoren, die sich gerade zusammenbrauen und mittelfristig zum Problem werden können. Und was tut die touristische Industrie? Momentan noch nichts. Prinzip Hoffnung. Dabei wäre es jetzt allerhöchste Zeit, gemeinsam mit den Zielländern in der Werbung massiv umzuschalten. Weg von den beliebig sich aneinander reihenden Postkarten-Motiven, hin zur emotionalen Gastfreundschaft , die man fast überall auf der Welt noch erlebt. Momente, die wieder die Freude betonen, die man haben kann beim Entdecken anderer Mentalitäten, und von denen die Urlauber vielleicht und hoffentlich zehren, wenn sie wieder in den Alltag zurückkommen. Auch die Reisebüros könnten Aktionen veranstalten für Begegnungen daheim. Und wenn es nur das gemeinsame Kochen und Feiern ist.

All das sind wahrscheinlich fromme Wünsche, weil es kaum eine Branche gibt, die unkreativer ihre Produkte bewirbt, wie die touristische. Und ein Schulterschluss mit trägen NTOs, nationalen Organisationen der Zielländer, die meist intellektuell schon bei der normalen touristischen Werbung überfordert sind, erscheint auch illusorisch.

Aber so sehr toter Mann spielen, wie es die Branche zur Zeit tut, ist eben nicht mehr als das Pfeifen im dunklen Wald und die Hoffnung auf ruhigere Zeiten.

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