Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

Touristik Talk

Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Zeigen wir der AKP die Rote Karte!

Lautsprecher 219 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

Was haben Amerika und die Türkei gemeinsam? Anständigen Menschen bescheren sie derzeit fast jede Nacht Alpträume. Und das ist nicht etwa die Schuld der Medien, die nur die Überbringer all der fast täglich zu Bauchschmerzen führenden Nachrichten sind – auch der schlimmen, wie dem Attentat vom Wochenende oder dem Amoklauf eines Verschwörungs-Verblendeten. Schuld sind zwei Männer, die gefühlt geradezu wie ein Archetyp eines widerlich niederträchtigen Teufels in Menschengestalt erscheinen. Trump und Erdogan. Zwei Typen, bei denen man einen Pickel auf der Nase bekommt allein beim Gedanken, sie näher als zehn Meter an sich heranlassen zu sollen.

Beide säen Wind und zeigen sich verwundert über den Sturm, den sie entfesseln. Beide scheinen eine schon krankhafte Lust an der Zerstörung aller Bürger zu haben, die nicht den Kotau vor ihnen machen. Mehr noch: Sie sammeln verhaltensauffällige Psychopathen um sich und Mitläufer, deren Hirne in reziproker Weise geschrumpft sind zum entflammenden Ego der sich nicht mehr als Looser Fühlenden. Ein brandgefährliches Napalm für Zivilgesellschaften, diese beiden Staatsmänner, mit denen nun wirklich kein Staat zu machen ist.

Beide Länder sind wichtige Ziele für deutsche Urlauber. Neutral betrachtet sind sie es auch weiter. Dafür gibt es viele Argumente: die abwechslungsreiche schöne Landschaft, die gute Infrastruktur, ein gutes bis sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, immer noch mehrheitlich nette Gastgeber, denen es wahrscheinlich auch mehr als unangenehm ist, was in der politischen Führung gerade passiert.

Und doch möchten viele nicht mehr hin. Losgelöst von jeder Frage nach Sicherheit; selbst nach dem jüngsten Anschlag in Istanbul. Es ist eher das schlechte Bauchgefühl nach den politischen Nachrichten, das sich wie Mehltau auf die Seele legt. Dieses Land bitte nicht. Mir persönlich geht es genauso, wenn ich vom Modus Reisejournalist wieder umschalte in die Privatheit. Und das verunsichert mich. Denn natürlich weiss ich, dass man nicht verallgemeinern kann, dass es keine Sippenhaftung für ein Land geben sollte wegen zwei Ekelpaketen an der Spitze. Natürlich kenne ich viele gutmütige Touristiker vor Ort, habe auch viele Freunde dort, die über jeden Verdacht erhaben sind, auf einmal zum bösen Menschen mutiert zu sein.

Und doch spüre ich derzeit eine unbändige Wut, wenn ich an die Türkei denke, oder auch an die USA, die mir in den vergangenen Jahren fast zur zweiten Heimat geworden sind. Wahrscheinlich ist es die enttäuschte Liebe. Sie ist wohl der mächtigste Zustand, der Hass erzeugen kann.

Warum spüre ich nicht Vergleichbares, wenn ich über Ägypten nachdenke, über die Vereinigten Arabischen Emirate, über Indien, China, und all die anderen nicht enden wollenden Zielgebiete, die sich trefflich anbieten? Allesamt gute Beispiele, um Empörung zu zeigen über die dortigen Zustände, den Mangel an Demokratie, die Frauenfeindlichkeit und die Willkür, die allerorten herrschen, und von denen der Reisende wie in einer Blase notdürftig ferngehalten wird.

Wahrscheinlich sind wir abgestumpfter, weil es da eben schon immer so war, weil wir uns „nur“ die Frage stellen mussten, ist das Land trotzdem interessant genug, dass wir es besuchen sollten – vielleicht sogar mit der verwegenen Beruhigung des schlechten Gewissens, wir würden allein durch unsere Anwesenheit positiv wirken auf die Zustände vor Ort.

Bei der Türkei und Amerika bekommen wir nun wie unter der Riesenlupe im Labor jeden Tag präsentiert, wie eine unheimliche, zersetzende, rücksichtslose und brutale Macht all das zerstören möchte, was wir in den letzten Jahren so schätzen gelernt haben. Und schlimmer: wir sehen mit Schrecken, es sind nicht nur die Fratzen von Trump und Erdogan, die uns anwidern. Es sind all die kleinen Mitläufer, die zunehmend wie Kakerlaken aus ihren Löchern kommen und die neue Bewegung unterstützen. All diese Handlanger, die mithelfen, Unschuldige in Gefängnisse zu zerren, sie dort zu foltern, mit Willkür Menschen einzuschüchtern, Rassismus wieder salonfähig zu machen, das Recht des vermeintlich Stärkeren durchzusetzen – all die kleinen ideologischen Nazi-Kopisten, die sich wieder als Herrenmenschen fühlen.

In der Türkei ist das alles natürlich viel schlimmer, als in den USA, wo man sich zur Zeit eher darüber gruselt, wie dramatisch es wohl kommen wird, und wo gerade mal ein Viertel der Bevölkerung diesen oberpeinlichen Kretin gewählt hat. Die Türkei mit ihrer breiten Unterstützung für Erdogan dagegen ist auf dem besten Wege, moralisch ein failed state zu werden, den man allenfalls politisch pragmatisch noch mit spitzen Fingern anfasst. Und deshalb kann ich es zwar verstehen, dass DRV und die deutsche touristische Industrie sich etwas anbiedernd aus wirtschaftlichen Gründen alle Optionen offen halten wollen, aber es bleibt trotzdem weit entfernt von meinem moralischen und ethischen Verständnis. Man soll die Hoffnung nie aufgeben, aber zur Zeit muss ich für mich entscheiden: die Türkei ist und bleibt eine absolute no-go! Area. Das tut weh, wenn ich mich an die vielen schönen Momente dort erinnere, aber ich könnte nicht mehr in den Spiegel schauen bei einem Urlaub dort im Wissen um all die Pein und das Unrecht und die zerstörten Existenzen, die dieser Möchtegern-Diktator und seine Bande derzeit dort verantworten. Die touristische Welt für mich als Privatmensch ist etwas kleiner geworden. Das allein würde Erdogan sicher verkraften. Aber ich hoffe, dass viele bei der Urlaubsentscheidung für 2017 ebenso denken über die Feiertage beim Katalog-Wälzen oder Internet-Stöbern. Zeigen wir der türkischen AKP die Rote Karte!

Wir freuen uns über Ihre Meinung!

Offene Worte jederzeit - aber bitte höflich und themenbezogen!