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Thomas Cook wird weiblicher

Lautsprecher 198 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgSommerprogramm-Pressekonferenz von Thomas Cook in Málaga. Der neue Auftritt der Oberurseler. Mit Spannung erwartet, weil Stefanie Berk nach dem Abgang von Michael Tenzer jetzt die Chefin ist. Wie würde die Inszenierung sein, fragten sich alle angereisten Fachjournalisten. Kompliment, sie war grandios. Und ja, ich meine das durchaus mit einem kleinen ironischen Unterton. Man muss sich das einmal vorstellen: Der Konzern bewegt seit Jahrzehnten Millionen Menschen in den Urlaub. Allein mit der Butter-und-Brot-Marke Neckermann erreicht man 4 Millionen Paxe jedes Jahr. Ein Milliarden-Umsatz wird generiert. Und was ist größtes Thema für den kommenden Sommer? Das zugegeben sehr hübsch lifestylige Umdekorieren eines kleinen 90 Zimmer-Resorts auf Rhodos zur Keimzelle der vielleicht künftigen neuen Hotelmarke Casa Cook…!

Oder ein verschwurbeltes 24-Stunden-Zufriedenheitsverprechen bei 1300 Hotels. Oder eine Flex-Option, um leichter eine Frühbucher-Entscheidung umbuchen zu können. Oder das Sunny Heart Logo, das jetzt auch Neckermann adelt als Bildmarke, weil man die Gefühle in den Vordergrund stellen möchte und dabei immer den Kunden im Herzen hat.

Das ist wirklich großes Kino! Ein Konzern voller Probleme inszeniert sich als Gefühlsbombe und schafft es so in die Schlagzeilen.
Und nicht durch Frühbucher-Rabatte oder Preisaktionen. Wer die schneidig kühlen Pressekonferenzen der vergangenen Jahre in Erinnerung hat mit der Preis-aggressiven Positionierung ohne Schnickschnack, mit der immer wieder professionell vorgetragenen Analyse, dass Net-Promoter-Score, Hotel-Auszeichnungen und Marge statt Menge Irrwege im heiss umkämpften Volumenmarkt seien, der erlebte jetzt einen weiblich geprägten Mitkonkurrenten unter den Dickschiffen der Branche, für den Emotionen auf einmal von essentieller Bedeutung zu sein scheinen.

Nun ist es ja immer so, dass neue Topmanager neue Duftmarken setzen. Doch zur Zeit erleben wir einen Zweikampf um die Deutungshoheit des richtigen Veranstalter-Geschäfts, der einigermaßen verwirrt – ich sage bewußt Zweikampf, weil die DERTouristik momentan dem Ganzen eher von der Galerie aus zuschaut; voll beschäftigt mit dem Zusammenwachsen von Köln und Frankfurt und Zürich…

Da werden, so scheint es, munter in der Kommunikation die Rollen vertauscht zwischen Oberursel und Hannover. Während die einen auf einmal den geschätzten Kunden entdecken, der immer im Mittelpunkt des Handelns zu stehen hat – aber hoffentlich nicht im Weg – erweckt der nördliche Mitbewerber zischen den Zeilen den Eindruck einer neuen klaren Kante. Und die heisst, Kampf um den Marktanteil. Durch den Preis, durch Bettenbanken und streamlinige interne Prozesse. Wenig auf einmal zu hören von der margenstarken Exklusivität, die in den letzten Saisons das Maß aller Dinge war, von der Ausdifferenzierung des Angebots bis in die kleinste Zielgruppe aus dem soziologischen Cluster.

Natürlich kann man sich als Beobachter entspannt zurücklehnen mit Blick auf das Prinzip der kommunizierenden Röhren. Der Reisemarkt als solcher ändert sich seit Jahren schon nur noch minimal. Es sind Umverteilungen innerhalb des Systems, die wir gerade sehen. Wer schafft es am besten mit der Kundenbindung? Das ist schließlich heute die Herausforderung. Auch in der Gemengelage zwischen Stationärem Vertrieb und Internet.

Stefanie Berk scheint das intuitiv verstanden zu haben. Jetzt wird es spannend, ob in zwei Wochen bei der TUI Sebastian Ebel mit seinem neuen Management-Besen es schafft, der bessere „Tenzer“ auf dem glatten Parkett zu werden. Nicht jeder ist zum Fred Astaire geboren…

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