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Die Zukunft der DRV-Tagung

Lautsprecher 181 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgEtwa 800 Touristiker auf Klassenausflug mit Bildungsauftrag. Man könnte die Bilanz so einer DRV Tagung sehr nüchtern sehen. Neben dem Small Talk und dem Socializing auf den prachtvollen Abendempfängen bleibt nicht viel substanzielle Erkenntnis übrig. Das Programm ist zwar gespickt mit Vorträgen, Key Notes und Diskussionen, aber ihnen allen haftet – seit Jahren übrigens – eine gewisse Zögerlichkeit an. Die Branche mit ihrer implantierten Höflichkeit verfährt eher nach dem Motto: gut, dass wir mal darüber geredet haben. Da werden die großen Bögen gespannt zwischen Digitalisierung und Krise, die Gastgeber und Sponsoren dürfen für sich werben, und auf den Podien herrscht äußerst gebremste Angriffslust, um es mal sehr diplomatisch auszudrücken. Da möchte man es als Betrachter fast schon erfrischend ansehen, dass DRV-Vize Johannes Zurnieden, die Mensch gewordene Kanonenkugel an Deck eines schlingernden Schiffes, zwar einen unerhörten diplomatischen Fauxpas beging, als er nach dem deutschen Botschafter überraschend auf die elegante Bühne bei der Eröffnungsgala im Ritz Carlton sprang und den deutschen Repräsentanten wegen seiner schludrig, oder besser gesagt gar nicht vorbereiteten Plattitüden-Rede etwas abwatschte. Das war der einzige Abu Dhabi Moment, wo allen Teilnehmern das Herz kurz stockte. Aber die Musik spielte schnell weiter…
Nun könnte man sagen, diese insgesamt etwas sedierende Dramaturgie einer DRV-Tagung ist eigentlich nicht erwähnenswert, weil sie genau dem entspricht, was bei vielen Branchentreffs üblich ist und seit Jahren ohne Mut und Willen zur Veränderung praktiziert wird. Bei der touristischen Industrie kommt aber noch eins dazu. Der DRV ist nur einer von vielen, die sich, natürlich höflich, darum streiten, wer die Meinungsführerschaft haben soll im Dialog mit der Politik, die seit Jahren eher als Gegenspieler empfunden wird mit andauernden Zumutungen für die touristischen Player. Da wird auf der Meta-Ebene schon sehr genau vermerkt, dass Kanzlerin Merkel den DEHOGA-Tag durch ihre Präsenz aufwertete, und es beim DRV nur für eine Grußbotschaft der Tourismusbeauftragten Iris Gleicke reichte. Per Video! Und so unerträglich naiv und frei jeder Sachkenntnis und Vision, dass man sich im Nachhinein lieber an die seichte Plauderei des Botschafters erinnern möchte.
Man muss sich fragen, wo der USP einer DRV-Tagung in Zukunft liegen müsste. Bei der Fortbildung? Da befindet man sich in großer Konkurrenz zum fvw-Kongress, der Ergebnis-orientierter scheint. Nein, der Dachverband sollte vielleicht darüber nachdenken, künftig bei seinem Treff mit den Mitgliedern konkret ein oder zwei Hauptthemen zu beackern mit kontroversen Standpunkten, geführten Workshops und Diskussionen und Positionen im Plenum, die sogar als Meldung taugen. Dafür konzentriert einen Tag einplanen. Dazu einen halben für die unvermeidlichen Verbands-Regularien und Wahlen und die gewonnene Zeit wirklich nutzen für intensive Wissens-erweiternde Begegnung mit dem Gastort. Momentan sind die so genannten Zielgebiets-Workshops nur Verzierung; billige Touristen-Verlade ohne Tiefgang. Das hilft weder dem Einladendem noch den Profi-Besuchern, die drei bis vier wertvolle Tage in ihrem Terminkalender freischaufeln. Die DRV-Tagung muss wieder erlebnis-orientierter werden und mehr zum Mitmachen und Widerspruch auffordern. Dann könnte man vielleicht auch darauf hoffen, dass mal ein paar neue und jüngere Namen auf der Teilnehmerliste zu finden sind. Weg mit alten Mustern, möchte man rufen.

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