Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

Touristik Talk

Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Schmids Dilemma mit den Reisenden

„Der Gast ist ein gänzlich unmögliches und meist nicht sehr konsequentes Wesen.“

Jürg Schmid, Direktor Schweiz Tourismus in der sonntagszeitung.ch vom 2.10.2106

Reiseradio Sendung 188

  • Slum-Tourismus Für und Wider
  • Dresden sympathisch machen
  • Schweiz siegt in der Krise
  • Noble ist beste PR-Agentur

In dieser Ausgabe 188 von „Was mit Reisen“ geht es in vielen Beiträgen um Qualifikation und Krise. Zum Beispiel, was man tun muss, wenn man als Marketingmensch zwar ein Produkt mit exzellenter Hardware hat, aber zur Zeit mit großen Bereichen der Software hadern muss. Runtergebrochen auf den praktischen Tourismus: Dresden als Stadt mit seinen prachtvollen, restaurierten Bauten, seinem Kulturangebot und der sächsischen Lebensart wäre eigentlich ein Selbstläufer. Dummerweise gibt es da aber auch die seit Monaten unerwünschte Garnierung namens Pegida, durchseucht von Ekel-Nazis, die viele wohlmeinende Dresden-Liebhaber zweifeln lässt, ob man es sich als Besucher antun soll, solchen Menschen zu begegnen; natürlich übersehend, dass hunderttausende anständiger Dresdner von diesen Krakeelern in Sippenhaft genommen werden. Da sind Gefühle leider nicht filigran, sondern Holzschnitt-artig. Wie kommt man als Stadtmarketing dagegen an? Augen zu und durch? Dr. Bettina Bunge, die Leiterin von Dresden Marketing, erläutert gleich im Gespräch, dass genau das Gegenteil passieren muss, wenn man bei so einer Ausgangslage nicht untergehen will.
Jedes Jahr wählen Reisejournalisten, wen sie von den Akteuren auf „der anderen Seite des Schreibtischs“ am professionellsten empfinden. Da werden die PR-Agenturen bewertet, aber auch die offiziellen Landes-Tourismus-Vertretungen. Und bei den Fragebögen des ausrichtenden SRT-Verlages geht es nicht um Nettigkeit. Die ist eh system-immanent auf der PR-Seite. Es geht um Qualifikation, Ortskenntnis, Beantwortung von Anfragen, Organisation von Recherchen, Prägnanz von Pressemitteilungen und um Flexibilität, die Wünsche der Medien professionell zu unterstützen. Mit den beiden Siegern des Jahres 2014 spreche ich gleich im Reiseradio: Es ist Marina Noble mit ihrem Team von Noble Kommunikation und Jörg Krebs, der das Deutschland-Büro von Schweiz Tourismus leitet.
Beide versuchen, ihr Erfolgsrezept zu erläutern. Und beide müssen gerade flexibel auf Störungen im gewohnten Arbeitsablauf reagieren. Die PR-Agenturen haben durch die Blogger-Szene, die neue Wichtigkeit von Social Media und die Verschiebung und Neu-Behandlung von Kommunikationskanälen ganz neue Herausforderungen, die auch den Kunden vermittelt werden müssen. Und Schweiz Tourismus muss mit unermüdlichem Optimismus die Sehnsucht nach einem Urlaubsland wachhalten, das durch die Franken-Aufwertung für viele potentielle Urlauber schlicht nicht mehr finanzierbar ist.
Doch beginnen werden wir gleich nach der Musik mit einem Thema, das zugegeben immer noch ein Nischenprodukt beim Thema Ausflüge ist, aber sozialen und soziologischen Sprengsatz enthält: die zunehmende Lust an der geführten Tour durch Slums. Zwei Stunden kalkuliertes Risiko, verbunden mit dem vordergründig authentischen Gruseln über Lebensumstände, die sich die wohlhabenden Reisenden in ihren schlimmsten Alpträumen nicht ausmalen wollen. Dabei kommen die meisten sicher in der guten Absicht, mit offenen Augen ihren eigenen Horizont zu erweitern. Aber wie weit kann der Tourismus da gehen, der gerne in konfektionierbaren Produkten denkt? Kann man Kurzzeit-Besucher die pure Armut zumuten, oder muss es eine disneyfizierte folkloristische Form sein? Und was haben diese Trips für Auswirkungen? Nicht immer ist gut gemeint schließlich gut gemacht. Darüber unterhalte ich mich gleich mit Dr. Malte Steinbrink von der Uni Osnabrück, dem Dr. Slum sozusagen.

Schweiz siegt in der Krise

Reiseradio-Gespräch mit Jörg Krebs

Die befragten Reisejournalisten haben entschieden: das Team von Schweiz Tourismus macht als Verkehrsbüro den besten Job im Bereich Landes-PR. Nun fand die Umfrage zu einem Zeitpunkt statt, als die Schweizer zwar schon länger haderten mit einer gewissen Reisemüdigkeit der Deutschen. Das hatte Wettergründe, da gab es politisch atmosphärische Störungen und zunehmend wurde es auch schwer eine Preis-Vergleichbarkeit der Schweiz mit anderen attraktiven Urlaubsdestinationen zu propagieren. Aber die Entscheidung der Schweizer Notenbank, den Franken zusätzlich und hochproblematisch für den Tourismus radikal aufzuwerten gegenüber dem Euro, die war noch nicht getroffen. (mehr …)

Reiseradio Sendung 177

  • DRV verurteilt scharf die Streiks
  • Reiner Meutsch – Fliegender Helfer
  • Airtours geht mit „Finest“ neue Wege
  • 150 Jahre Schweizer Winterfreude

Atempause im Streikirrsinn von GDL und Vereinigung Cockpit. Was die Arbeitsnniederlegungen für Auswirkungen haben für die Reiseindustrie als der Branche, die am meisten durch Arbeitsniederlegungen im Mobilitäts-Sektor zu leiden hat, darüber unterhalte ich mich im Top-Thema der Sendung auch mit dem Präsidenten des DRV, Norbert Fiebig. Er hat das Verhalten von GDL und VC ungewöhnlich scharf kritisiert und zeigt auch im Gespräch seine mittlerweile Null-Toleranz gegenüber den Streikzielen, die auf dem Rücken und auf Kosten zehntausender Touristiker ausgetragen werden.
Und noch ein Kampf ist Thema meines Interviews mit dem Hobbypiloten Reiner Meutsch. Aber dieses Mal ist es ein Kampf, dem man nur Erfolg wünschen möchte, mit jeder Faser des Herzens. Reiner Meutsch war mal sehr erfolgreich Inhaber von Berge & Meer, einem gnadenlos-günstig Veranstalter für Hardcore-Pauschaltouristen. Irgendwann hatte er das Geschäft satt, verkaufte an die TUI und wollte abenteuerlustig um die Welt fliegen und aussteigen. Daraus ist nichts geworden. Heute ist die fly&help-Stiftung von ihm eine der vorbildlichsten sozialen Aktivitäten, die aus der Touristik kommen. Reiner Meutsch kümmert sich um die Bildung der Ärmsten der Armen – oft auch in Ländern, die am Strand in den quasi exterritorialen Luxusresorts heile Welt vorgaukeln. Wie das funktioniert mit seiner Stiftung, darüber unterhalte ich mich mit dem eloquenten Menschenfänger und Columbus-Ehrenpreisträger der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten, VDRJ.
Ein quasi Kontrastprogramm, aber ohne schlechtes Gewissen, gibt es danach: das Thema Luxusreisen, und noch ein Sahnehäubchen drauf, ist Anlass für den Talk mit Airtours Chef Stefan Krämer. Es geht um den neuen Katalog Airtours Finest, der ja kein Katalog ist, sondern ein Preis-befreites Coffeetable-Buch. Und diese papierene Verführung zu den exklusivsten Herbergen der Welt bekommt man auch im Regelfall nicht im Reisebüro, sondern zu Lesen im Privat-Wartezimmer des Zahnarztes, beim Golfclub, in der Beautyfarm oder im Flagship-Store eines Star-Designers. Warum der Stationäre Reisevertrieb trotzdem nicht aufheult bei dieser innovativen Kundenansprache, erläutert uns gleich Stefan Krämer.
Ja, und die Schweiz hat wieder mal ein Jubiläum. Aber dieses Mal ein wirklich bedeutendes für den Wintertourismus. Der begann nämlich vor 150 Jahren im damals noch ziemlich verschlafenen St. Moritz mit einer Zufriedenheits-Garantie für englische Langzeit-Touristen. Einer anscheinend äußerst erfolgreichen, wie uns gleich Jörg-Peter Krebs von Schweiz Tourismus erzählt.

150 Jahre Schweizer Winterfreude

Reiseradio-Gespräch mit Jörg-Peter Krebs

Vor einiger Zeit, als ein großer Veranstalter die Schneegarantie ausrief, dachte man, ist zwar nur ne PR-Schnurre, aber irgendwie innovativ. Dabei kamen die Urlaubsmacher mit dieser Idee fast 150 Jahre zu spät, um noch ein Fleissmärkchen für gutes Marketing zu bekommen. (mehr …)

Reiseradio 162 – TUI: no Voucher, der Ausweis genügt / Schweiz: bestes Verkehrsbüro des Jahres / Österreich wirbt nur mit sich selbst / Noble Kommunikation: beste Agentur des Jahres

Das Reiseradio wundert sich, wie viele in diesen Tagen etwas über die Geheimdienste dieser Welt. Da hat man sich gerade mit der Faust in der Tasche dem anscheinend Unvermeidlichen gebeugt, dass unser Privatleben keinen Pfifferling mehr wert ist und die Kameraden von Horch und Guck jede unserer Bewegungen in ihrer unersättlichen Datenkrake speichern. Und nun verfolgen wir ungläubig – und die Angehörigen verzweifelt – seit Tagen, dass mal eben so ein komplettes Großraumflugzeug trotz kleinteiligster Satellitenüberwachung verloren gehen kann…
Auf der anderen Seite haben die Mitarbeiter des zweifellos anerkannt effizienten und absolut qualifizierten deutschen Geheimdienstes anscheinend – oder doch vielleicht nur scheinbar – ein Telefonat abgefangen, in dem ägyptische Terroristen ansatzweise irgendwas planen würden in Bezug auf touristische Einrichtungen. Das wäre natürlich die größte anzunehmende Katastrophe für das Land. Nur: komischerweise haben die befreundeten und nicht gerade als amateurhaft geltenden Dienste in Paris und London – und auch Moskau – wohl nichts dergleichen gehört. Ja, selbst, nachdem die Deutschen ihnen großzügig ihre Auswertung übermittelten, sahen sie offensichtlich noch keinen Grund zum Eingreifen…
Womit wir jetzt eine etwas absurde Situation haben: die deutschen Veranstalter mussten auf ausdrücklichen Wunsch des Auswärtigen Amtes den Sinai sogar bis Ende April aus dem Programm nehmen – ergo, diese Destination ist bis zum Spätherbst quasi touristisch tot – wogegen eben erwähnte Nationen die Sinai-Strandhotels weiter zum Sonnen und Tauchen freigegeben haben. Irgendwie fällt es mir schwer, zu glauben, andere Geheimdienste wären robuster in der Sorge um ihre Landsleute.
Anyway, in diesem Reiseradio habe ich auch Oliver Dörschuck, den touristischen Chef der TUI Deutschland, gefragt, wie er die Entwicklung für Ägypten einschätzt. Er bleibt optimistisch; kein Wunder angesichts der höchsten Gästezufriedenheit von allen Destinationen, die vom großen Veranstalter abgedeckt werden. Stellvertretend für die Branche, denn Urlaubstrends kümmern sich nicht um Markennamen, habe ich mit Oliver Dörschuck auch über seine Prognosen geredet, wie das Veranstalter-Geschäft sich entwickeln wird in den nächsten Monaten. Bis hin zum komplett ticketlosen Reisen. Mit interessanten Erkenntnissen.
Unsere beiden südlichen Nachbarn Österreich und Schweiz kommen in diesem Reiseradio ausführlich zu Wort. Für beide sind wir Deutschen der wichtigste Quellmarkt. Kein Wunder, dass die touristischen Vertretungen sehr viel Aufwand treiben, die Deutschen als Gäste für ihre schönen Länder zu überzeugen. Nach den jüngsten politischen Aufgeregtheiten bei den Eidgenossen haben die Österreicher da momentan etwas bessere Karten. Dabei ist man sich in Wien in der Zentrale der Österreich-Werbung durchaus seiner Stärken bewusst. Wie sonst könnte Petra Stolba, die Chefin, sonst den Mut haben, auf der ITB im Kern zu verkünden, eigentlich brauche man derzeit gar kein Motto: Österreich in sich selbst sei Argument genug. Das ruft doch danach, in einem Reiseradio-Gespräch hinterfragt zu werden.
Die Schweizer, obschon landschaftlich mindestens ebenso gesegnet, haben es deutlich schwerer in Deutschland – dem teuren Franken sei’s gedankt. Da muss man seine Besonderheiten schon filigraner und mit mehr Aufwand herausarbeiten, damit der Preis keine so große Rolle mehr spielt gegenüber all den konkurrierenden Destinationen. Die Mannschaft um Jörg Krebs scheint das nicht schlecht hin zu bekommen. Zumindest aus Reise-Journalisten-Sicht. Einmal im Jahr fragt der srt-Verlag in der Medienbranche rund, welche Ländervertretung denn wohl den besten und professionellsten Job macht. Sie ahnen es nach der Vorrede: die Schweizer. Wie sie das tun, darüber unterhalte ich mich mit Jörg Krebs.
Aber es gibt ja nicht nur Ländervertretungen, so genannte NTOs, sondern auch eine Unmenge von Agenturen, die sich allesamt bemühen, für ihre touristischen Kunden einen Krumen Aufmerksamkeit zu erhaschen. Auch da gibt es, wen wundert es, große Unterschiede in der Qualität als Dienstleister für die Journalisten, die vom srt-Verlag abgefragt werden. Es ist ja eine durchaus offen angesprochene Herausforderung im Tourismus, dass sich Journalisten und die Industrie nahe kommen müssen, weil ohne Unterstützung der Branche fast keine Recherchereisen mehr möglich wären. Da muss das Verhältnis zwischen PR und Journalisten sehr sensibel austariert sein, um noch ein nötiges Maß an Unabhängigkeit zu garantieren. Besonders geschätzt wird in diesem Zusammenhang die Arbeit von Noble Kommunikation. Mit der Chefin Marina Noble unterhalte ich mich über die Arbeit einer Agentur heute, und wie man die Balance zwischen Auftraggeber und Journalisten hält.

Reiseradio 132 – Deutsche erfindet die Schweiz neu… / Bedienen bald Griechen in MeckPomm? / Südtirol hat alles bis zum Wurm gezählt / Im Fichtelgebirge lässt’s sich gut wichteln

„Was mit Reisen“ kann es gar nicht fassen… Endlich mal wieder Sonne in Berlin. Da fällt es natürlich doppelt schwer, den, jetzt passt es ja, Sonntag in der Reiseradio-Produktionskammer zu verbringen. Wobei ich zugeben muss, diese Woche schon mal von blauem Himmel verwöhnt worden zu sein. Zwar mit Eiseskalte und Wind, aber schön am Ostseestrand in Warnemünde. Dieses Wetter hätten sich die Hoteliers und Gastronomen eine Woche früher gewünscht. Denn das Gruselwetter zu Ostern hat die bisherige Bilanz des Jahres 2013 ziemlich verhagelt.
Trotzdem, alles noch kein Grund zur Sorge, beruhigt da Guido Zöllick, der Präsident des Mecklenburg-Vorpommerschen DeHoGa, gleich im Reiseradio-Gespräch. Dieses Jahr möchte man Rekordwerte knacken. Und das dürfte auch klappen, wenn das Wetter einigermaßen mitspielt. Denn das ist immer die Risikokarte im Deutschland-Tourismus.
Sein viel größeres Problem sind die fehlenden Fachkräfte. Es gibt kaum noch junge Leute im Land, die sich für wenig Geld und lange Arbeitszeiten in Hotel oder Gastronomie verdingen wollen. Die Politik hat da eine putzige Lösung: Her mit den Spaniern, Griechen oder Portugiesen. Bei deren Arbeitslosenquote müssten die doch dankbar sein, im deutschen Land hinter der Küste zu arbeiten. Ob das funktionieren kann?
Auch die Schweiz hofft auf ein glückliches 2013. In den letzten Jahren hatten die Eidgenossen trotz eines guten Produkts ziemlich zu kämpfen auf dem deutschen Markt. Vor allem die Abwertung des Euro gegenüber dem Franken machte die ohnehin nicht so günstige Schweiz für viele zum kaum noch bezahlbaren Luxusziel
Dabei hat man beim Nachbarn schon längst umgesteuert auch mit günstigen Angeboten für junge, sportliche Zielgruppen. Das Online-Marketing im Social-Media-Bereich ist wahrscheinlich das Beste – zumindest in Europa. Und das Image ist – allen kleinen politischen Scharmützeln zum Trotz – nach wie vor sehr positiv. Auf beiden Seiten.
Nun wagen die Schweizer eine kleine mentale Revolution. Ausgerechnet eine Deutsche ist seit diesem Monat verantwortlich für die Lust auf die Schweiz in der gesamten Welt. Christina Marzluff, lange Jahre verantwortlich in Frankfurt für Schweiz-Tourismus definiert nun den touristischen rot-weißen Markenkern für den Globus. Ich spreche mit ihr – und ihrem Nachfolger für den deutschen Markt, Jörg Peter Krebs, über die Herausforderungen, die Schweiz zu positionieren.
Da hat es Christoph Engl besser. Der langjährige Markenchef von Südtirol brauchte sich die letzten Jahre weder über Image noch Gästezahlen den Kopf zu zerbrechen. Das ist immer eine gute Voraussetzung für Kreativität ohne Zwang. Herausgekommen ist eine vor allem ökologische Bilanz der ganz besonderen Art. Für die Hände ein Buch „Total alles über Südtirol“ mit Antworten auf Fragen, die man noch nicht mal gedacht hat. Und für den Kopf das Gedankenfutter, was für ein Preisschild würde eigentlich heute auf Südtirol kleben, wenn Ökonomen die italienische Provinz in Euro und Cent bewerten müssten. Das Ergebnis ähnelt ein bisschen dem Werbespot einer Kreditkarten-Company: unbezahlbar. Wie er sich errechnen lässt, dazu gleich mehr im Reiseradio-Gespräch.
Mit viel moderateren Bergen beschäftigt sich unser letzter Beitrag für heute, nämlich dem Fichtelgebirge. Das hört sich nach Märchen an, nach irgendwo in der Ecke von „weiß nicht genau, wo“, und nach einer Region, die für das deutsche Tourismusmarketing nicht so den Sexappeal hat, den man sich für schmissige Werbekampagnen wünscht. Mein Kollege Andreas Jacobsen ist trotzdem dort wandernd unterwegs gewesen, und kam mit interessanten Geschichten und Anekdoten zurück aus der nordbayrischen gar nicht Einöde.

Reiseradio 102 – Das Blaue Wunder: 1230 Kilometer schwimmend immer den Rhein lang – Wasserbotschafter Ernst Bromeis / Wir lieben die Deutschen: Schweiz Touristik CEO Jürg Schmid / Graubünden ganz farbig mit Gieri Spescha

Das Reiseradio mag ja gar nicht mehr über den Kälteeinbruch seit dem Sonntag  lamentieren. Denn angesichts dessen, was sich der Schweizer Extremsportler Ernst Bromeis in diesen Tagen zumutet, bin ich wirklich nicht mehr als ein Warmduscher in einem kuscheligen Studio.

Der sich selbst als Wasserbotschafter bezeichnende Ernst Bromeis ist am 2. Mai in Eis und Schnee am Graubündner Tomasee gestartet. Das ist die Quelle des Rheins. Nach sage und schreibe 1230 Kilometer Schwimmen, wo immer es technisch möglich ist, wird er Ende des Monats hoffentlich in Holland die Mündung des Rheins in die Nordsee erreichen. Pro Tag bedeutet das eine Strecke von circa 50 Kilometern, mehr oder weniger einsam im wirklich eiskalten, und spätestens nach Basel nicht mehr unbedingt glasklaren Rheinwasser.

Jetzt denken Sie nicht, das Reiseradio würde sich auf Sportberichterstattung umorientieren. Die persönliche Grenzerfahrung von Ernst Bromeis hat nämlich auch was mit Reisen zu tun. Die Werber von Schweiz Tourismus und Graubünden haben die spektakuläre Aktion gerne unterstützt. Macht sie doch vielen Menschen entlang des Flusses deutlich, wo ein Großteil des wertvollen Wassers herkommt, das von Süden her nach Deutschland dringt. Aus der Schweiz nämlich, die nicht nur Berge, Almen und Kühe anzubieten hat für einen Urlaub, sondern eben auch unzählige saubere Flüsse und Seen.

Unser preislich leider immer noch teure Nachbar möchte sich als Vollsortimenter präsentieren – eben nicht nur für Reisende, die gerne die Wanderschuhe tragen, sondern auch für Naturliebhaber und Wasserratten, die nicht unbedingt ein Meer zum Glücklich-sein brauchen.

Das Blaue Wunder ist heute das Thema im Reiseradio. Es gibt ein sehr schönes, nachdenkliches Gespräch mit Ernst Bromeis, der eben nicht nach irgendeinem Rekord strebt, sondern fast schon meditativ den Lebensstrom Rhein und seine Verletzlichkeit erfühlen möchte auf seiner Reise.

Jürg Schmid, der CEO von Schweiz Tourismus, hat derzeit keinen leichten Stand. Durch den starken Franken stimmen eh die Voraussetzungen kaum für einen wettbewerbsfähigen Reisepreis, und dann gibt es noch politische Knüppel, die den Schweizer Touristikern zwischen die Beine geworfen werden. Nicht nur die Posse um den Haftbefehl für die Jäger auf deutsche Steuerbetrüger sorgt für boulevardeske Aufregung. Vor allem die fremdenfeindliche Plapperei der rechten Abgeordneten Rickli, die zu viele Deutsche in der Schweiz moniert, sorgt nicht gerade für Reiselust. Im Reiseradio ist Jürg Schmid trotzdem optimistisch.

Der Rhein entspringt in Graubünden. Zugegeben an einer Stelle, die touristisch bisher völlig ohne Belang war, da nur nach stundenlangem Bergwandern erreichbar und nicht umwerfend spektakulär für ein Kodak Moment. Was die Graubündner aber viel mehr verunsichert, sind die Ergebnisse einer Befragung in Deutschland, die deutlich machten, dass viele Urlauber hierzulande große Probleme hätten, auf der Landkarte den topografisch so schönen Teil der Schweiz zu finden. Kein Wunder, dass der Tourismus-Chef von Graubünden, Gieri Spescha, die Vorlage der Rheindurchquerung gerne nutzt, um deutlich zu machen, dass seine Region das wahre, besuchenswerte Wasserschloss der Schweiz ist.

Auch mein Kollege Rolf Nöckel läuft heute entlang eines Flusses und freut sich Schritt für Schritt – selbst, wenn die Mosel keinen Schweiz-Bezug hat.

Heute lege ich Ihnen auch den Besuch der Website www.travel-radio.eu ans Herz. Filme der ersten Etappen des Blauen Wunders machen deutlich, auf welche Strapazen sich Ernst Bromeis einlasst.