Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

Touristik Talk

Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Ein kleines Zeichen gegen Rassismus

Lautsprecher 216 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgIst Reisejournalismus politisch? Muss er es sein? Oder sollte er sich besser mit Meinung und Standpunkt vornehm zurückhalten und sich auf die Rolle des Chronisten und Welterzählers reduzieren? Diese Frage stellt sich für die Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ) seit ihrer Hauptversammlung in Bad Wörishofen. Es gibt die Causa Dresden. Als Ehrenpräsident bin ich da durchaus involviert, auch als Vertreter eines meinungsstarken Reisejournalismus. Was ist passiert? Die Mitglieder haben sich mit knapper Mehrheit für einen Tagungsort 2017 entschieden. Einen netten Ort, Papenburg, ganz in der Nähe der touristisch mittlerweile so bedeutsamen Meyer Werft. Interessant ist aber mehr, gegen welchen Ort sie sich entschieden haben: Dresden, die Reiseperle von Sachsen. Und das nicht, weil Dresden touristisch uninteressanter wäre als Papenburg. Ich glaube, das würden noch nicht mal die Papenburger behaupten.

Vorangegangen war eine durchaus emotionale Debatte. Darf man angesichts der fortdauernden Pöbeleien von Pegida mit ihrem traurigen Höhepunkt am Tag der Deutschen Einheit, angesichts von schon zum Alltag gewordener, mindestens verbaler, Angriffe gegen fremd aussehende Menschen, und angesichts einer gespenstig anmutenden Gelassenheit bis Lethargie der Bürgergesellschaft gegenüber diesen Unappetitlichkeiten dort hinreisen und tagen – als sei das alles nicht existent in der heilen Blase des Tourismus? (mehr …)

Reiseradio Sendung 188

  • Slum-Tourismus Für und Wider
  • Dresden sympathisch machen
  • Schweiz siegt in der Krise
  • Noble ist beste PR-Agentur

In dieser Ausgabe 188 von „Was mit Reisen“ geht es in vielen Beiträgen um Qualifikation und Krise. Zum Beispiel, was man tun muss, wenn man als Marketingmensch zwar ein Produkt mit exzellenter Hardware hat, aber zur Zeit mit großen Bereichen der Software hadern muss. Runtergebrochen auf den praktischen Tourismus: Dresden als Stadt mit seinen prachtvollen, restaurierten Bauten, seinem Kulturangebot und der sächsischen Lebensart wäre eigentlich ein Selbstläufer. Dummerweise gibt es da aber auch die seit Monaten unerwünschte Garnierung namens Pegida, durchseucht von Ekel-Nazis, die viele wohlmeinende Dresden-Liebhaber zweifeln lässt, ob man es sich als Besucher antun soll, solchen Menschen zu begegnen; natürlich übersehend, dass hunderttausende anständiger Dresdner von diesen Krakeelern in Sippenhaft genommen werden. Da sind Gefühle leider nicht filigran, sondern Holzschnitt-artig. Wie kommt man als Stadtmarketing dagegen an? Augen zu und durch? Dr. Bettina Bunge, die Leiterin von Dresden Marketing, erläutert gleich im Gespräch, dass genau das Gegenteil passieren muss, wenn man bei so einer Ausgangslage nicht untergehen will.
Jedes Jahr wählen Reisejournalisten, wen sie von den Akteuren auf „der anderen Seite des Schreibtischs“ am professionellsten empfinden. Da werden die PR-Agenturen bewertet, aber auch die offiziellen Landes-Tourismus-Vertretungen. Und bei den Fragebögen des ausrichtenden SRT-Verlages geht es nicht um Nettigkeit. Die ist eh system-immanent auf der PR-Seite. Es geht um Qualifikation, Ortskenntnis, Beantwortung von Anfragen, Organisation von Recherchen, Prägnanz von Pressemitteilungen und um Flexibilität, die Wünsche der Medien professionell zu unterstützen. Mit den beiden Siegern des Jahres 2014 spreche ich gleich im Reiseradio: Es ist Marina Noble mit ihrem Team von Noble Kommunikation und Jörg Krebs, der das Deutschland-Büro von Schweiz Tourismus leitet.
Beide versuchen, ihr Erfolgsrezept zu erläutern. Und beide müssen gerade flexibel auf Störungen im gewohnten Arbeitsablauf reagieren. Die PR-Agenturen haben durch die Blogger-Szene, die neue Wichtigkeit von Social Media und die Verschiebung und Neu-Behandlung von Kommunikationskanälen ganz neue Herausforderungen, die auch den Kunden vermittelt werden müssen. Und Schweiz Tourismus muss mit unermüdlichem Optimismus die Sehnsucht nach einem Urlaubsland wachhalten, das durch die Franken-Aufwertung für viele potentielle Urlauber schlicht nicht mehr finanzierbar ist.
Doch beginnen werden wir gleich nach der Musik mit einem Thema, das zugegeben immer noch ein Nischenprodukt beim Thema Ausflüge ist, aber sozialen und soziologischen Sprengsatz enthält: die zunehmende Lust an der geführten Tour durch Slums. Zwei Stunden kalkuliertes Risiko, verbunden mit dem vordergründig authentischen Gruseln über Lebensumstände, die sich die wohlhabenden Reisenden in ihren schlimmsten Alpträumen nicht ausmalen wollen. Dabei kommen die meisten sicher in der guten Absicht, mit offenen Augen ihren eigenen Horizont zu erweitern. Aber wie weit kann der Tourismus da gehen, der gerne in konfektionierbaren Produkten denkt? Kann man Kurzzeit-Besucher die pure Armut zumuten, oder muss es eine disneyfizierte folkloristische Form sein? Und was haben diese Trips für Auswirkungen? Nicht immer ist gut gemeint schließlich gut gemacht. Darüber unterhalte ich mich gleich mit Dr. Malte Steinbrink von der Uni Osnabrück, dem Dr. Slum sozusagen.

Dresden sympathisch machen

Reiseradio-Gespräch mit Dr. Bettina Bunge

Dr. Bettina Bunge ist keine gebürtige Dresdenerin. Aber das ist auf dem Posten, den die Lüneburgerin bekleidet, in diesen Zeiten vielleicht auch kein Manko. Denn die Verantwortliche für das Dresden Marketing kann wahrscheinlich besser mit dem Blick von außen erfühlen, was Dresdner eher verblüfft: Die Sympathiewerte im Land haben arg gelitten durch Pegida. Das ist für den Städtetourismus ein Alarmsignal. (mehr …)

Reiseradio 154 – Deutschland glänzt 2014 mit Welterbe / Dresden erfolgreich trotz Verlust des Welterbes / Breaking Bread: interkulturell durch Israel und Palästina

Das Reiseradio gönnt sich am Tag Eins der Regierungsbildung zwei klammheimliche Freuden: einmal darüber, dass Piano-Peter und Bahnhofstoiletten-Kämpfer – solange sie im Wahlkreis liegen – Ramsauer wieder mehr Zeit fürs Klavierspielen hat. (Kleiner Wermutstropfen: ausgerechnet der CSU Obermaulheld Alexander Dobrindt darf jetzt Verkehrsminister spielen; ausgerechnet der Mann, der die idiotische PKW-Maut immer lautstark reklamiert hat) und die zweite Freude, dass die SPD mit Sigmar Gabriel das Wirtschaftsressort hat. Das bedeutet, dass auch der Beauftragte für den Bereich Tourismus aus Reihen der SPD kommen dürfte. Freude deshalb, weil in den letzten Tagen in politischen Kreisen amüsiert darüber gemunkelt wurde, wie sehr sich unser aller Liebling Klaus Brähmig schon für den Posten warmlief. Das führte nicht zuletzt auf dem BTW-Gipfel zu entsetztem Stöhnen in der Branche. Und mein Lieblingsprofessor Karl Born und ich hatten vorsichtshalber für diesen Sonntag schon einen Termin ausgemacht, um im Falle des Falles im Stile von Statler und Waldorf diese mögliche Muppetshow zu kommentieren.
Bleibt uns und ihnen noch erspart, aber keine Sorge: Brähmig und Dobrindt werden uns sicher aus journalistischer Warte noch so manche Vorlage für beißenden Spott liefern.
Ein Déjà-Vu-Erlebnis hatte ich diese Woche bei einer Pressekonferenz der DZT. Die rührigen Deutschlandwerber um Petra Hedorfer baten zum Thema Kultururlaub in Deutschland. Und wenn, dann schon richtig: mit Hilfe der 38 UNESCO Welterbestätten, die wundersamer Weise auch durchaus im ländlichen Raum zu finden sind. Und wir erinnern uns dankbar an die 14 Zeilen Tourismus im Koalitionsvertrag. Was sollte da speziell gefördert werden in der großen weiten Welt der Urlaubsmacher? Richtig. Der Kultururlaub und die ländlichen Regionen. Da fragt man sich natürlich: war die DZT so hyperkreativ und schnell, dass sie spontan den Willen der Regierung umgesetzt hat? Oder war in dieser Henne-Ei-Situation nicht eher die Inspiration für das einzig Konkrete im Regierungshandbuch in den Räumen der Deutschlandwerber entstanden? Wie auch immer. Mit dem Gütesiegel Welterbe kann man schönes Marketing machen. Und zumindest für alle Geldgeber so tun, als ob alle ausgezeichneten Orte gleichberechtigt Reisende entzücken könnten. In dieser Sendung unterhalte ich mich mit Petra Hedorfer über die Attraktivität Deutschlands für Ausländer, die auf der Suche sind nach Kultur.
Vor kurzem war ich im schönen Dresden. Ausgerechnet in der Stadt, die beim Thema UNESCO-Welterbe in der Schämecke stehen muss. Haben die Dresdner doch für eine – eigentlich ganz hübsche – Brücke über die Elbe gestimmt, und damit die UNESCO-Kulturhüter so vergrätzt, dass ihnen der Titel aberkannt wurde. Da fragt man sich natürlich, was hat das für Auswirkungen auf den schnöden Tourismus? Wird Dresden jetzt gemieden, weil man ja eh nur wegen des angeblich unvergleichlichen und jetzt angeblich zerstörten Canaletto-Blicks zum barocken Gesamtkunstwerk pilgert? Ich sprach mit der Chefin des „Dresden Marketings“, Bettina Bunge, über eine Puppenstube, die trotzdem immer wieder neue Inszenierungen braucht.
Ja, und langsam rückt in diesen Tagen wieder Israel in den touristischen Fokus. Nicht nur wegen des ungewöhnlichen Schneetreibens, das das Land gerade ins Verkehrschaos stürzt. Wobei man auch hier exakt sein sollte: denn eigentlich geht es nicht um Israel, sondern um Palästina. Denn dort liegen Bethlehem und Jericho. Die Weihnachtspilgerstätten. Ansonsten ist Israel, vor allem wegen der unsicheren politischen Lage im benachbarten Syrien, reisemäßig gerade nicht der Brüller. Man könnte denken, das ist deshalb jetzt auch nicht die beste Zeit, ein neues Rundreise-Unternehmen zu gründen. Zwei Frauen taten es trotzdem, und sie putzen in diesen Tagen die Klinken bei deutschen Veranstaltern. Das Interesse ist da für ihr Produkt. Es ist nämlich verlockend. Die beiden Frauen sind die christliche Palästinenserin Christina Samara und die jüdische Israelin Elisa Moed. Sie haben interkulturelle Touren entwickelt unter dem schönen Titel „Breaking Bread Journeys“ Denn das gebrochene Brot ist immer noch das verbindende Symbol für Gastfreundschaft. Mit Christina Samara unterhalte ich mich über das sympathische Konzept.

Reiseradio 151 – Böse Gerüchte um FTI / Büchy kraftvoll wiedergewählt beim DRV / DERTouristik Köln: Hurra zur Klassik / DERTouristik Frankfurt: Ja zum Reisebüro

Wow!, da haben wir ja mal wieder ne DRV Tagung erlebt, die neben dem gewohnt-gediegenen Staatsschauspiel auf der Bühne jede Menge Soap auf den Gängen bot. Wenn man Anhänger von Verschwörungstheorien wäre, müsste man an kunstvoll gesponnene Intrigen im Stil etwa der Borgias denken. An eine konspirativ-konzertierte Strafaktion gegenüber einem übermütigen Mitspieler. Eine feinnervig angedachte Disziplinierungsmaßnahme gewissermaßen, die allerdings irgendwann aus dem Drehbuch rutschte und eine selbstverzehrende Eigendynamik entwickelte, die auch keinen Cliffhanger mehr zuließ für eine nächste Episode. Alle hockten da am letzten Abend, etwas ermattet, bei den Klängen der wunderbaren Salzburger Philharmoniker; bezeichnenderweise beim Soundtrack „Piraten der Karibik“…

Aber der Reihe nach. Im ersten Akt wurde FTI gleich mal wegen ihres Ausscherens in der Ägypten-Frage schon in der ersten Stunde des Kongresses coram publico zweimal in die Schäm-Ecke geschickt; von wegen mangelnder Solidarität mit der Branche. Da sah man in der Kaffeepause bereits bei Gunz, Schiller und Co erstaunlich verkniffene Minen und trotzige Unterlippen, weil der DRV und die Wettbewerber nicht etwa den Mut fanden, rückblickend auf der Bühne die eigene, etwas unglückliche Rolle beim Polittheater des Auswärtigen Amtes zu hinterfragen, sondern lieber Geschlossenheit und Gehorsam einforderten. Eine Petitesse, wollte man da noch denken, lösbar bei einem Bier am Abend.

Aber Vorhang auf zum zweiten Akt am nächsten Morgen. Eine Räuberpistole im Handelsblatt. Gerüchteweise solle sich FTI in finanzieller Schieflage befinden. Dieses Gerücht wurde zwar noch innerhalb desselben Artikels (!) faktisch widerlegt – und das alleine ist schon journalistisch bemerkenswert und berufsethisch verhaltensauffällig – aber die Schnurre erzielte den gewünschten Explosionseffekt. Schließlich wurden Fachjournalisten schon seit Wochen aus den Reihen der Marktteilnehmer hinter vorgehaltener Hand mit äußerst vagen Andeutungen gefüttert. Parallel gab es mal wieder eine der mittlerweile schnell entstehenden Erregungsspiralen im Stationären Vertrieb. Da mutierten bei Facebook und Co unternehmerisch durchaus legitime Umsteuerungs-Anweisungen des Marktführers aus Hannover auf eigene Reise-Produkte im Stille-Post-Prinzip zu vorgeblich fürsorglichen Warnungen, lieber nicht Kunden bei den Münchenern einzubuchen. Man wisse ja nicht, wie da die Entwicklung weitergehe… Déjà Vu 2012, Thomas Cook. Derselbe Autor, dieselbe Zeitung. Manche dachten auch sofort: dieselben Gerüchte-Durchlauferhitzer…?

Nun waren die Minen bei FTI nicht mehr nur genervt, wie sich die Hörer des Reiseradios nur allzu gut vorstellen können. Verschränkte Arme, rote Köpfe und ernste Gespräche in den Gängen, während auf der eigentlichen Bühne das ehrbare Thema Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung versuchte, Aufmerksamkeit zu erhaschen.

Glück im Unglück für FTI, dass der Artikel während der DRV-Tagung erschien. Schlechtes Timing, wenn man argwöhnen wollte, da sollte im Hintergrund ein böses Spiel inszeniert werden. Denn, da alle vermuteten Akteure an einem Ort zusammenhockten, konnte der Blindgänger kontrolliert entschärft werden.

Was bleibt nun übrig von all der künstlichen Aufregung? Für mich ein neues Gefühl für die Branche, die auf einmal so erscheint, wie die Musterfamilie in der gruselig-akkuraten Vorgarten-Siedlung, deren menschliche Abgründe und Verwerfungen aber hinter der heilen Fassade der sonnigen Lebensfreude, für die man steht, für einiges Erschrecken sorgen. Vorhang. Die Staatsschauspieler, denn alle Achtung, das müssten sie sein, wenn all ihre Empörung nur gespielt gewesen wäre, verbeugen sich in der Festspielstadt.

Zum Mithören im Reiseradio: Ralph Schiller von FTI über Krise und Kollegialität. Jürgen Büchy, übrigens mit geradezu sozialistischem Ergebnis von 99,68 Prozent wiedergewählter DRV-Präsident, über seinen Konflikt zwischen Dirigent und Dompteur. Und natürlich auch, aus Gründen der Dokumentation und der Dichte an interessanten Themen, noch die Nachlese aus der Sommerprogramm-Präsentation der DER Touristik mit Sören Hartmann und Michael Frese.