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Gütesiegel für Reisebüros!

Lautsprecher 188 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgAls Journalist mache ich mir gerade so meine Gedanken über Qualifizierung. Denn da sitze ich natürlich im Glashaus als Vertreter eines Freien Berufs, für den es ebenfalls keine gesetzlichen Ausbildungsvorschriften gibt, trotz seiner Macht als Vierte Gewalt im Staate… Das ist nicht immer gut; selbst im zugegeben eher unwichtigen Gärtchen der Reiseberichterstattung. Lange war das Medium, für das der Journalist arbeitete, quasi eine Art Garantie für Professionalität. Das reichte aus für die Glaubwürdigkeit. Und heute? Bei all den sprudelnden Quellen im Internet und auf den Sozialen Netzwerken? Da ist es für den flüchtigen Nachrichtenkonsumenten einfach nicht mehr möglich, die Spreu vom Weizen zu trennen. Und wenn wir noch die freie Meinungsäußerung innerhalb der angeblichen Intelligenz der Masse bei den Bewertungsplattformen hinzunehmen, dann spätestens stellt man sich nicht nur als Journalist der alten Schule die Frage, ob der grenzenlose Zugang als Kommunikations-Sender wirklich ein Segen, oder eher ein Fluch ist.
Warum ich das schreibe? Ein ähnlicher Kampf um die Deutungs-Hoheit entzweit auch gerade den Stationären und Mobilen Vertrieb. Jahrelang war klar: ein Reisebüro mit Handelsvertreter-Status für TUI und Co hat schon intern die Qualifizierungs-Weihen empfangen. Schließlich achteten all die etablierten Veranstalter sehr darauf, wem sie erlaubten, ihre Produkte zu verkaufen. Gute alte Zeit.
Heute, bei all den dynamischen Paketierungen und dem hemmungslosen Anzapfen von Datenbanken zur freien Kombination von Leistungen und Leistungsträgern mutet es geradezu archaisch an. Und ich behaupte ganz frech: ein Reisebüro-Expedient, der heute mit dem Wissensstand der Jahrtausendwende einen Urlaub verkauft, ist ein Hochrisikofaktor für den Kunden.
Und das in einer Zeit, da die Reisebüros den entscheidenden Kampf um ihre Zukunft schlagen: entweder es gelingt ihnen, dem Kunden deutlich zu machen, dass sie wegen ihrer Professionalität und dem sicheren Buchungs-Komfort bei gleichem Preis die viel bessere Alternative zum Internet sind, oder sie werden in einer Zeitspanne, die dramatisch kürzer ist, als wir es uns heute ausmalen, vom Markt verschwinden!
Der DRV als wichtigster Branchenverband wird deshalb nicht müde, die Karte der Qualifikation zu spielen. Die Reisebüros müssen, so heisst es, fit gemacht werden für die Zukunft, die neuen Wege zum Kunden erlernen und endlich Self-Marketing machen für ihre eigene Professionalität. Wie sehr ähnelt die Lage wieder der im Journalismus…
Aber gleichzeitig hat der DRV Scheuklappen in Bezug auf die Bestandsaufnahme, wie es denn so aussieht mit dem Status Quo der Qualifikation der Reisevermittler. Man könnte auch sagen, die Funktionäre haben eine gewisse Angst vor der gefürchteten Renitenz und bekannten Raubeinigkeit ihrer eigenen Branche.
Da startet die Reisebüro-Inhaberin Marija Linnhoff vor Monaten eine Petition, der Bundestag möge sich damit befassen für Reiseverkäufer mit ihren in der Regel sehr kostspieligen Produkten eine Art qualifizierende Zugangsvoraussetzung zu fordern. Mal ganz dahingestellt, ob dies tatsächlich der richtige Weg ist, unabhängig von irgendwelchen EU-Harmonisierungen. Aber dass bis heute nur etwas mehr als 2000 Unterschriften von den geforderten 120 000 zusammenkamen, das ist ein Skandal und wirft ein verheerendes Bild von Selbstüberschätzung auf die Branche.
Nein, es soll kein Bürokratiemonster geschaffen werden mit neuer Prüfungspflicht vor der IHK. Die angegrauten Reisebüro-Inhaber sollen nicht wieder auf die Schulbank. Aber sie sollen mit deutlichem Druck daran erinnert werden, dass ständiges Auffrischen von Qualifikation ihr Überlebens-Elixier ist. Und eine mächtige Solidaritäts-Unterschriften-Liste aus dem Kreis der Betroffenen wäre schon mal ein gutes Signal.
Von daher ist die Unterstützung des ASR für die Linnhoff-Aktion jetzt ein überfälliges Zeichen, dass es dem Stationären und Mobilen Vertrieb ernst ist, wenn er behauptet, die bessere Alternative zu sein zur Internetbuchung. Und die charmante Gegen-Idee eines freiwilligen, halbamtlichen Gütesiegels für das Schaufenster zusammen mit der IHK könnte wirklich eine goldene Lösung sein. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass der DRV nicht aus gekränkter Eitelkeit mauert. Nur, weil es vom ASR kommt, muss es ja nicht schlecht sein. Schließlich war auch mal ein ASRler einer der rührigsten Präsidenten des DRV..

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