Griechenland nicht Politikern opfern
Lautsprecher 184 – der „Was mit Reisen“ – Standpunkt
Wenn man sich nur auf die politische Ebene beschränkt, mag einem Angst und Bange werden. Da gibt es martialische Macho-Allüren der neuen Tsipras-Regierung, die sich als Repräsentant eines eigentlich armen Schluckers und Bittstellers für mehr EU-Geld so unglaublich flegelhaft benimmt, dass man schon sehr viel Sympathie für das wunderschöne Land haben muss, um nicht bockig zu reagieren. Das wäre eh nicht angebracht, denn die Leidtragenden an der jahrelangen Misere sind ja die einfachen Griechen, mit denen man als Urlauber überwiegend in Kontakt kommt, und die die liebenswerte griechische Atmosphäre prägen. Ihnen geht es wirklich schlecht. Und wer will ihnen verdenken, dass sie, wie ein Krebskranker nach vergeblicher Chemo doch mal nach homöopathischen Mitteln greifen. Verlieren können sie eh nichts mehr.
Und seien wir realistisch: wen hat es in den letzten Jahren interessiert, wer in Griechenland das Tourismusministerium leitete, und wer das staatliche Fremdenverkehrsamt…? Beide Institutionen machten gefühlt nur durch Inkompetenz und Korruption auf sich aufmerksam. Wenn der Tourismus in Griechenland sich reformierte und positiv neu auf dem Markt positionierte, dann war das eh der Verdienst der Privatwirtschaft und ihrer „Marketing Greece“ Kampagnen.
Trotzdem setzt die Regierung natürlich die Rahmenbedingungen. Und die Abschaffung des Tourismusministeriums – so ineffektiv es auch gewesen sein mochte – ist ein extrem unprofessionelles Zeichen. Der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes wird wieder mal politisch degradiert zur Tingel-Tangel-Branche, die man im geistigen Leerlauf einfach so mitregieren könnte.
Lieber werden die Amtstuben wieder mit Staatsdienern gefüllt, die vor allem sich selbst verwalten. Und der Regierungschef gibt mal eben nebenbei unausgegorene Ratschläge zu All-Inclusvie und beweist, dass Urlaub machen noch keine Qualifikation ist für Urlaub gestalten.
Die touristische Industrie bei uns sieht die neuen Machthaber in Athen trotzdem gelassener als die Finanzwelt. Wenn keine Streiks oder Infrastruktur-Katastrophen den Reisestrom behindern, bleibt das touristische Produkt Hellas erste Sahne. Die Hotellerie hat sich gut neu aufgestellt mit ihrem sehr speziellen Charme, den die Freunde des Landes so lieben. Der direkte Konkurrent und Nachbar Türkei wird von politisch engagierten Urlaubern zunehmend kritisch hinterfragt, und auch der vielleicht drohende Grexit kann nicht schrecken. Für die kommende Saison sind alle Kontrakte unter Dach und Fach; mehr noch, es wird gerade aufgestockt. Und selbst eine wiederkehrende abgewertete Drachme würden uns als Reisende erst mal fröhlich machen, weil wir für unseren Euro mehr Gegenwert bekämen.
Nein, Griechenland steht nicht zur Disposition als eines der wichtigen Urlaubsländer am Mittelmeer. Dafür ist das Produkt zu gut. Man darf jetzt bloss nicht den Fehler machen, die neuen Regierungs-Rüpel in Athen zu ernst zu nehmen, und dafür die griechischen Gastgeber mit Liebesentzug zu bestrafen.