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Das Monster in uns…

Lautsprecher 189 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgEine Woche der Unfassbarkeit, die mich auch als Medienmensch an die absoluten Grenzen führte. Und das, obwohl ich jahrelang als Moderator von TV-Nachrichtensendungen gelernt hatte, selbst unter höchstem emotionalen Stress zu „funktionieren“,. Wenn es denn wirklich so war mit dem Absturz der Germanwings als bewusstes, willentliches Werk eines Piloten, der quasi geschworen hat, dass ihm das Wohl und die Unversehrtheit der ihm anvertrauten Passagiere das Wichtigste sei bei seinem anspruchsvollen Beruf, dann ist für mich ein weiteres Wertesystem zusammengebrochen.
Bisher konnte man die Monster immer bei den irren Feinden unserer Freiheit verorten, bei religiös verblendeten Fanatikern oder ideologisch verbrämten Radikalen. Und wie sehr haben wir uns widerwillig, aber doch gehorsam bereiterklärt, eben diese, unsere Freiheit einschränken zu lassen durch manchmal unerträgliche Kontrollen und den Generalverdacht, unter den der Staat uns alle stellt. Aber man macht zähneknirschend mit, obwohl man weiss, dass wir den Terroristen damit jeden Tag einen Sieg schenken, unser hohes Gut der Freiheit über die Hintertür  stückchenweise zu zerstören.
Und nun soll das Monster im Inneren Kreis sein. Ich will die lahmen Erklärversuche von Therapeuten und Psychologen nicht hören. Es überfordert mich einfach, mir vorzustellen, dass ein aus welchen Gründen auch immer lebensmüder Mensch von jetzt auf gleich so eine komplexe Tat umsetzen kann, minutenlang, trotz verzweifelten Hämmerns an die Türe des Cockpits. Wortlos, entschlossen. Die Menschen ausblendend, die er mit ins Verderben reisst. Das Ganze spontan, weil er ja nicht wissen konnte, ob und wann sein Kapitän die Toilette aufsuchen würde…
Dass die Planung so eines Verbrechen unbemerkt reifen kann, während die Hülle des Kollegen Co-Pilot scheinbar reibungslos funktionert…
Ja, angesichts der vielen tausend höchst verantwortungsvoller Piloten mit Millionen von Flugmeilen ist es sicher ein tragischer Einzelfall, aber er entzaubert eben doch das System radikal. Und er entlässt die Airlines und die Fliegergilde nicht aus der Verantwortung. Da dürfen wie es denen nicht zu leicht machen, die trotz aller ehrlich empfundenen Trauer sehr wahrscheinlich im Innersten erleichtert waren, dass nicht ein genereller technischer Defekt oder eine vielleicht dem Preisdruck geschuldete Wartungs-Schlampigkeit die Ursache für diese Tragik waren. Das Konstrukt der gegenseitigen Kontrolle funktioniert augenscheinlich nicht. Der gerade bei Piloten starke Corpsgeist, den auch die Vereinigung Cockpit allzu gerne als Druckmittel einsetzt, ist nicht gerade förderlich für allzu folgsames Weiterleiten von vagen Verdachtsmomenten, die schnell zum Flugverbot von Kollegen führen könnten.
Und es will mir nicht so recht einleuchten, warum von der Airline beauftragte Psychologen keine Möglichkeit haben sollten, bei vielleicht künftig regelmäßigen Checks ähnliche Erkenntnisse zu erlangen, wie es sie ja augenscheinlich bei den Einstellungsuntersuchungen gibt. Schließlich werden auch die Flugzeuge in klar definierten Wartungsintervallen fast bis auf die letzte Schraube zerlegt. Das ist kein Zeichen von Misstrauen, sondern Verantwortung. Und ist sicher effektiver als die jetzt populistisch schnell angeordnete Zwei-Personen-Regel im Cockpit. Vielleicht sollte sich die Vereinigung Cockpit nach der Zeit der Trauer auch mit diesem Gedanken beschäftigen – und nicht nur mit Ausgleichszahlungen für den vorgezogenen Ruhestand.

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