Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

Touristik Talk

Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Reiseradio Sendung 187

  • DTV will Tourismus-Abgabe
  • DRV lockt Reisebüros ins Web
  • Frese: Nicht treiben lassen
  • Touri-Studenten auf der ITB

Im Reiseradio, Folge 187, hören Sie heute, natürlich, die erste akustische Ausbeute von der ITB. Ich konnte so viele schöne Gespräche führen zu Themen, die „was mit Reisen“ zu tun haben, dass es locker auch für die kommenden Ausgaben reicht.
Dass es dem Deutschlandtourismus gut geht, darüber haben wir ja schon berichtet. Es geht ihm sogar noch viel besser, als es die amtliche Statistik auszudrücken vermag. Denn, und das hat mich doch überrascht, die Touristiker rechnen damit, dass auf jede offizielle Übernachtung noch eine im Kleinst-Pensionsbereich oder dem Graumarkt der Privatwohnungen dazu kommt. Damit reden wir von etwa 850 Millionen Übernachtungen. Das weckt angesichts klammer kommunaler Kassen große Begehrlichkeiten bei den Kämmerern, hier etwas abzuschöpfen. Die Bettensteuer dürfte da ein Auslaufmodell sein. zu oft wurde sie schon von Gerichten kassiert. Das neue Codewort heisst Fremdenverkehrsabgabe. Der wesentliche Unterschied: sie wäre zweckgebunden für touristische Strukturmaßnahmen und könnte nicht nur von den Reisenden selbst, sondern auch von allen kommunalen Profiteuren des Tourismus erhoben werden. Selbst der Deutsche Tourismusverband ist dafür, wie uns gleich sein Präsident Reinhard Meyer erklärt.
Alle Prognosen sagen es, wir haben ein gutes Tourismusjahr 2015 vor uns. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, und die Menschen wollen reisen; auch angesichts der Nullzinsen, die ihr Erspartes auf der Bank gerade bringt. Die Frage ist nur, wer wird im Verkauf davon profitieren? Weiterhin mit Löwenanteil der Stationäre Vertrieb? Oder muss die Branche sich darauf einstellen, dass immer bessere Technik auch immer mehr Buchungen ins Internet verlagert? Momentan heisst das Schlagwort Omnichannel und soll sedierende Wirkung haben für die Gemütslage der Reisebüroinhaber. Sie werden nämlich herzlich eingeladen, doch teilzuhaben am digitalen Entscheidungsweg des Kunden. Umgekehrt sollen sie sich aber auch nicht wundern oder darüber jammern, wenn sie abgekoppelt werden, sofern sie nicht mitmachen bei der 24/7-Erreichbarkeit der Internet-Strategie. Das bekräftigt im Reiseradio-Gespräch auch noch einmal Norbert Fiebig, der Präsident des Deutschen Reiseverbandes. Der hiess übrigens auch mal Reisebüro-Verband, und musste sich der neuen Realität anpassen.
Wo wir doch am Beispiel Hisham Zaazou gesehen haben, wie unwürdig manchmal Abschiede sind, so sehr kann man sich sicher sein, dass bei der Frankfurter DERTouristik Ende Mai ein schönes Fest veranstaltet wird, um Michael Frese den Weg in den Ruhestand zu erleichtern; in einen Lebensabschnitt also, wo er selbst nur noch Urlauber ist. Bisher war es sehr schwer, Michael Frese für ein Abschiedsinterview zu gewinnen. Das ist nicht seine Art, jetzt schon die Leine des Fallschirms zu ziehen, um gemütlich auf den Tag X hinabzuschweben. Aber am Rande der ITB, bei einem Frühstück in Berlins schönstem Café, ist es nun doch gelungen: Michael Frese über sein touristisches Leben und die Anforderungen an ein heutiges Management. Sehr hörenswert.
Bei so viel hohen Tieren musste unbedingt ein Ausgleich rein in diese Ausgabe von „Was mit Reisen“. Und deshalb habe ich mir in Halle 11.1, da, wo die Touristik-Studenten sich präsentierten, eine Gruppe junger Nachwuchstouristiker gesucht und sie beobachtet, wie sie ihre allerersten Schritte als einer von 10.096 Ausstellern machen. Über die Erfahrungen der Studenten der Berliner HWR spreche ich gleich mit einem von ihnen, Nick Reimann.

DTV will Tourismus-Abgabe

Reiseradio-Gespräch mit Reinhard Meyer

Es ist noch gar nicht so lange her, da war sich die touristische Industrie, ihre Lobby und sogar der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung einig: die Wegelagerei der kommunalen Kämmerer bei den Übernachtungsgästen dürfe nicht sein. Die Bettensteuer wurde unisono abgelehnt. Vor allem der DEHOGA unterstützte den gerichtlichen Kampf gegen diese Zwangs-Euro, die in den allgemeinen Etat der Städte und Gemeinden fließen sollte. Mit ziemlichem Erfolg.
Auf der anderen Seite dämmert auch dem Deutschen Tourismusverband, dass gerade vor Ort, wo die erwünschten Touristen hinkommen sollen, die Infrastruktur zunehmend marode wird. (mehr …)

Reiseradio 170 – Mit der TUI-App wird Urlaub peppiger / Magalog: Hybrid zwischen Papier und Netz / Neuer Airtours-Luxus: Gefühl statt Immobilie / Kroatien: endlich durchstarten

Das Reiseradio meldet sich immer noch aus Kroatien, von der Winterprogramm-Präsentation der TUI. Nun bekam das Drehbuch, wie Sie als Touristiker natürlich schon wissen, am Freitag seinen unerwartet ersten Plotpoint. Zur Erklärung: In einem Movie-Skript ist das die Stelle, nach Hollywood-Regeln meistens nach einem Drittel der Filmzeit, wo etwas Dramatisches passiert, das der gesamten Handlung eine völlig neue Wendung gibt. In diesem touristischen Dramolette hieß die Textzeile „TUI is coming home“, oder, etwas pointierter formuliert und auf der Insel sicher für Zornesfalten gut: Die AG schluckt wieder die plc. Das bedeutete für die Pressestelle der GmbH, erst mal Teile der Medien-Unterlagen schreddern und alles entfernen, was irgendwie nach Zahlen, Prognosen oder Pegelständen aussah. Präsentationen umbasteln, und das aus den Reden zu eliminieren, was Journalisten dummerweise interessiert, und was schon in den letzten Jahren eh – angeblich wegen des britischen Aktienrechts – nur noch in homöopathischen Dosen vermittelt wurde: Fakten, Fakten, Fakten, und immer an den Leser denken. London wäre es sogar am liebsten gewesen, die deutschen Journalisten hätten sich verpflichten lassen, sich wegen des sensiblen Merging-Verfahrens jeglichen Kommentars und Prognose zu enthalten. Ätsch, machen wir aber nicht. Also hier meine Einschätzung als langjähriger Beobachter: Der größte Fehler der deutschen TUI, sich 2007 nach dem Kauf der kleinen First Choice davon überzeugen zu lassen, dass es sinnvoller sei, wenn der Schwanz künftig mit dem Hund wedelt, und nicht umgekehrt, wird nun endlich rückabgewickelt. Die Aktionäre der deutschen AG hat es viel Geld gekostet, die Mitarbeiter in Hannover, deren Erfolg im Markt den Laden jahrelang zusammengehalten hat, viel Nerven. Das britische Pokern ging dabei nach EU-Vorbild übrigens bis zur letzten Minute weiter. Peter Long, der sich selbst so fühlende Fritz Joussen der Insel, ließ sich die finale Zustimmung royal vergolden. Gleichberechtigter Vorstandsvorsitzender und ab 2016 dann Aufsichtsratschef. Also Boss von Fritz Joussen und damit derjenige, der maßgeblichen Einfluss hat, ob dessen Vertrag verlängert wird. Diese Kröte muss man erst mal schlucken. Die Börsen waren jedenfalls entzückt. Kursprünge bis über 5 Prozent. Und das trotz Zahlen für die laufende Saison, die, wenn sie denn erzählt hätten werden dürfen (müssen) hier in Kroatien, das wahrscheinlich nicht ausgelöst hätten. Deshalb sahen die Journalisten denn auch überwiegend entspannte TUI-Manager beim abendlichen Empfang auf dem Rasen des Falkensteiner Hotels. Und nicht nur der perfekte Sonnenuntergang tauchte alles in ein goldenes Licht. Just zur selben Zeit dürften viel mehr Londoner Touristiker etwas trübe in ihr schales After Work Beer geschaut haben. Denn analog zu Thomas Cook, wo Peter Fankhauser in den letzten Monaten konsequent Sachverstand vom Kontinent in die marode Londoner Konzernzentrale geholt hat, wird es voraussichtlich auch bei der TUI nun ein Roll-Back der Kompetenz nach Hannover geben. Ein Beispiel, und eines der wenigen Dinge, die noch auf der Pressekonferenz vermittelt wurden, ist die wiederentdeckte Tugend „Service, Service, Service – und immer an den Kunden denken“. Eine internationale Task Force unter der Leitung des Hannoveraner COO Dr. Oliver Dörschuck soll die Customer-Journey optimieren. Zu Deutsch: der Gast soll mehr Wohlfühlmomente bekommen von der Buchung bis zur Heimkehr. Und Dienste genießen, die früher in der analogen, vor-Cloud und Vor-App-Welt kaum realisierbar gewesen wären. Was man sich darunter vorstellen kann, dazu erste Hinweise gleich von Oliver Dörschuck. Apropos Internet und Kunden-Ansprache. Auch da will TUI zusammenführen, was mittlerweile im Lifestyle vieler zusammengehört: gedrucktes Katalogpapier und multimediale Website. Geredet wird schon seit langem darüber, nun gibt es erste Beispiele für Magaloge, die emotional mehr sind, als Immobilienkataloge mit gruseligem Design, und die parallel im Netz mit visuellen Inspirationen noch weiter aufgeladen werden können. Im Butter-und-Brot-Geschäft versucht sich die TUI mit den Beach-Welten und den exotischen Rundreisen als gefühliger Verführer. Bei Airtours muss es natürlich luxuriöser sein: da darf man im Top-Produkt für die Viel-Besser-Verdienenden, dem neuen „Finest“ Coffetable-Reisebuch, auch mal die Internet-Dimension genießen. Stefanie Schulze zur Wiesch und Stefan Krämer sind gleich unsere akustischen Reiseführer in digitale Welten. Und in die ganz stoffliche kroatische Ferienwelt versucht uns gleich zu entführen der Mitgastgeber der Veranstaltung, Mato Radic von der Kroatischen Zentrale für Tourismus. Die dalmatische Küste mit ihrem beeindruckenden Hinterland hat das Zeug, zum neuen Trendziel des Mittelmeers zu werden. Wenn es denn jetzt endlich losgeht mit dem schon Jahre erhofften Ausbau der Infrastruktur. Mehr dazu gleich im Gespräch.

Reiseradio 101 – Zwischen Bollywood und Slumdog Millionaire: Indien feilt am Image / Zwischen Ölmassage und Scharlatanerie: Gutes Ayurveda ist schwer zu finden

Das Reiseradio fühlt sich heute ganz losgelöst wohlig auf warmem Öl treibend… Ayurveda, die älteste Medizin der Welt, ist unser Schwerpunkt in dieser Sendung von WASMITREISEN. Ja, und natürlich geht es trotzdem um Reisen. Nicht nur um die zu sich selbst, sondern auch ganz konkret an einen Ort. Gesundheitsurlaube sind stark im Trend. Und viele, die nach Sri Lanka oder Indien, und dort vor allem nach Kerala, fahren, wollen das mit einer Ayurvedischen Behandlung verbinden.

In den Lifestyle-Magazinen wird die fernöstliche Kur schon seit Jahren als Trendbehandlung rauf und runter gelobpreist. Leider mit mittlerweile fatalen Folgen. Denn das Pancha Karma genannte Reinigungs- und Aufbau-Ritual wird oft geradezu fahrlässig reduziert auf die vierhändigen Massagen mit warmem Sesamöl. Schlimmer noch: weil es sich so schön fotografieren lässt, wenn ein goldener Ölfluss aus einem Kännchen eine entspannte Stirn fließend umlullt, ist der Shirodhara gerne das Titelbild. Folge: Scharen von Wellness-Jüngerinnen wollen unbedingt diese warmen, flüssigen Feenhände buchen für die totale Entspannung. Was sie nicht wissen, und was ihnen die Kosmetikerinnen mit Wochenendkurs Ayurveda gerne aus eigener Unkenntnis verschweigen: eine Stirngussbehandlung ohne Vorbereitung kann geradezu psychotische Auswirkungen haben. Gar nicht entspannend.

In diesem Reiseradio gibt es deshalb für alle, die Ayurvedakuren verkaufen, das fachärztliche Seminar mit einem Ayurveda-Experten. Dr. Gerd Bigus traf ich dabei noch nicht mal in einem der vielen Resorts in Fernost, sondern im überhaupt nicht asiatischen Traben Trarbach an der Mosel. Dort befindet sich Deutschlands exklusivste Ayurveda-Klinik, das Parkschlösschen. Zufluchtsort auch für DAX-Manager und gestresste Stars und Sternchen. Also eine der Adressen für die, die sich zwar indisch behandeln lassen möchten, aber dafür die wohlgeordnete Umgebung in den Weinbergen einem Dschungelcamp vorziehen. Kleiner Wehmutstropfen: billiger wird es deshalb leider nicht.

Wer doch nach Indien möchte, nach dem Motto, wenn schon, dann da, wo es erfunden wurde, der zählt zu den etwas über  200 000 Deutschen, die jährlich den Subkontinent besuchen. Angesichts von 1, 2 Milliarden potentiellen Gastgebern und einem riesigen Land ist das noch eine überschaubare Anzahl. Zumal nur ein Bruchteil von ihnen tatsächlich touristisch unterwegs ist. Für Indiens Tourismusverantwortliche ist der deutsche Urlauber eh – so scheint es – ein Buch mit sieben Siegeln. Vielleicht liegt es auch an der trägen, berüchtigten indischen Bürokratie, aber bis auf weltweit vertriebene Hochglanzfotostrecken gibt es kein erkennbares touristisches Marketingverfahren, das die unterschiedlichen Märkte passgenau beobachtet und beliefert. Das jedenfalls wurde diese Woche bei einem Treffen in Berlin in der Indischen Residenz deutlich, zu der Botschafterin Sujatha Singh deutsche touristische Partner geladen hatte. Ein ganzer Reigen von Wünschen wurde geäußert, um Tourismus nach Indien attraktiver und einfacher zu machen. Ich sprach nach dem Treffen mit der Botschafterin.