Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

Touristik Talk

Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Ebel, der Super-Mario der TUI?

Lautsprecher 192 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgIm Termin-Leporello der Winterprogramm-Pressekonferenz der TUI auf Kreta war er noch aufgeführt beim Begrüßungs-Cocktail: Christian Clemens als CEO der TUI Deutschland. Nicht wenige Journalisten, ich übrigens auch, freuten sich auf ein letztmaliges Treffen mit dem charismatischen Schweden vor seiner schon beschlossenen Rückkehr in die Heimat. Irgendwie waren wir innerlich vorbereitet auf sein wie immer engagiertes Mantra vom Net Promoter Score, dem Indikator der Kundenzufriedenheit, mit dem TUI Deutschland sich Jahr für Jahr mehr absetzen wollte von der Konkurrenz. Etwas teurer zwar, aber eben so viel Service-orientierter.
Sie als Profi-Touristiker mit dem Kenntnisstand von heute wissen natürlich, dass alles ganz anders kam auf Kreta. Das praktischerweise taktisch gewachsene Heimweh von Christian Clemens nach Schweden hatte just am Tag der Pressekonferenz auf Kreta seinen Höhepunkt. In einer kurzfristig angesetzten, parallelen, außerordentlichen Aufsichtsrats-Sitzung der TUI AG bekam er symbolisch seinen Geschenkkorb mit großer Schleife und durfte (oder musste) bereits ein halbes Jahr früher seiner Familie in Richtung Midsommernacht folgen.
Da hockten wir nun alle zusammen auf Kreta, die TUI Deutschland ohne anwesenden CEO, und spielten business as usual, nach dem Motto „die Karawane zieht weiter“ – egal, ob der Sultan Durst hat, oder nicht. Bloß: wer würde der neue Sultan sein? Einer der anwesenden TUI-Manager? Würde ich mittags mein Radio-Interview führen mit Dr. Oliver Dörschuck, dem Chief Operating Officer und Chef-Touristiker, oder dem designierten CEO? Oder würde Chief Commercial Officer, vulgo Vertriebschef, Ralf Horter aufsteigen, der so überraschend zum ersten Mal vor der Presse den Maître de Plaisir spielte auf der Bühne? Eine ziemliche Hängepartie.
Nun flüsterten mir zwar einige Quellen, dass ich mir beim Interview keine Gedanken zu machen brauchte. Keiner der auf Kreta Anwesenden würde am Abend neue Visitenkarten benötigen. Aber als dann auf meinem smarten Display der Name seiner neuen Exzellenz auftauchte, da war ich doch überrascht: Sebastian Ebel, der irgendwie omnipräsente und potente Super-Mario der TUI, soll’s auch auf diesem Posten noch richten. Wow!
Wirklich ganz unabhängig von der Frage der Kompetenz muss man sich die Ämterhäufung von Sebastian Ebel im Konzern mal genussvoll auf der Zunge zergehen lassen. Der Gute ist nicht nur zuständig in der AG für das Kreuzfahrt-, und so wichtige Hotel-Geschäft. Er verantwortet die TUI Destination Services und den essentiellen IT-Bereich. Quasi nebenbei ist er im Vorstand auch noch die Führungskraft für den gesamten Bereich Zentral – also Deutschland, Österreich, Schweiz und Polen. Jetzt wird er darüberhinaus noch CEO der TUI Deutschland. Das ist die wichtigste Position im operativen Geschäft des Weltkonzerns. Dass er noch Zeit und Muße findet für seine eigene IT- und Beratungsfirma und die Präsidentschaft des Fußball-Zweitligisten Eintracht Braunschweig, sei nur am Rande und der Vollständigkeit halber erwähnt.
Irgendwie ist Sebastian Ebel im TUI Konzern die personifizierte Version des Märchens vom Hasen und dem Igel: Egal, wo man hinkommt – der gebürtige Braunschweiger ist schon da. Der Mann mit dem zweiten Vornamen „Vertrauter von Fritz Joussen“ hat im zweiten Anlauf in Hannover eine Bomben-Karriere gemacht. Aber jetzt geht es ans Eingemachte. Seit Montag muss Ebel liefern. Als CEO des wichtigsten Quellmarktes sitzt er nicht mehr nur auf dem fordernden Führungssessel irgendwo auf der Bergspitze, sondern muss sich bewähren in der Tiefebene des operativen Geschäfts. Das ist kein Job für Memos und Rapporte. Hier ist Teamgeist gefragt und Vertrauen in die Spezialisten des unglaublich komplizierten Räderwerks der pauschalen Landverschickung.
Am Dienstag, als die Personalie morgens offiziell mitgeteilt wurde, konnte man eine verhalten positive Stimmung bei den TUI-Managern spüren. Es hätte ja auch irgendein Computer-Top-Manager kommen können. Heute in der angeblich austauschbaren Qualifikation von Führungskräften ist ja jede Überraschung denkbar. Die nur flüsternd verbreitete Sorge liegt eher in der Mentalität Sebastian Ebels, sich anscheinend allzu gerne in Hündchen und Stöckchen einmischen zu wollen und der langen Leine zu misstrauen. Die Frage ist allerdings, ob diese Sorge gerechtfertigt ist. Ein kleiner Blick auf Ebels Positionen, die die Aufnahmefähigkeit jeder Visiten-Klappkarte mittlerweile sprengen dürften, macht deutlich, dass so ein Verhalten die normative Kraft des Faktischen sprengen dürfte. Es sei denn, Sebastian Ebel hätte auch noch einen Trick gefunden, die 24 Stunden eines Tages ins Unendliche zu dehnen. Und ein Positives gibt es auf jeden Fall: kein anderer Quellmarkt hat jetzt so einen engen Draht zur Konzernspitze. Das ist doch etwas, was die Deutschen in der TUI-AG jahrelang so schmerzlich vermissten. Also Raum für Optimismus.

Wir freuen uns über Ihre Meinung!

Offene Worte jederzeit - aber bitte höflich und themenbezogen!