Das Fremde positiv vermitteln
Lautsprecher 183 – der „Was mit Reisen“ – Standpunkt
Es ist nicht sicher, ob der heutige Montag, an dem diese Ausgabe des Reiseradios veröffentlicht wird, für Dresden nun ein guter ist. Vordergründig schon. Die unsägliche Pegida-Demonstration der Kleingeister und hartherzigen Deutschtümler findet nicht statt. Abgesagt von den Sicherheitsbehörden. Da werden die Touristiker in Dresden aufatmen, dass zumindest diese Woche nicht noch mehr dumpfbackige Bilder den Ruf der Stadt weiter ruinieren. Aber der Anlass ist natürlich einer der schlechtesten. Sicherheitsbedenken wegen Terrorgefahr ausgerechnet aus der Ecke, die den Islam seit Jahren pervertiert, um Hybris, Mordlust und der eigenen erbärmlichen, unterbelichteten Existenz ein religiöses Deckmäntelchen zu geben. Das ist Wasser auf den Mühlen derjenigen, die grobschlächtig alles miteinander vermengen, was fremd ist, und dann als Bedrohung stilisieren.
Wie gesagt, als Tourismus-Verantwortlicher wird man vielleicht erleichtert sein, dass ein lokales, unappetitliches Ereignis in Dresden heute zur Nicht-Nachricht wird. Das würde zur Haltung passen, wie die touristische Industrie seit Jahren generell mit dem religiös motiviertem Terror – also dem Gegenstück – umzugehen neigt: nämlich ihn lieber zu verharmlosen, als verwirrte, angeblich kontrollierbare Einzeltaten verbal zu entschärfen, abstrakte Bedrohungen lieber kleinzureden und die Sorglos-Sicherheitsarchitektur der organisierten Landverschickung in den werbenden Vordergrund zu stellen. Da wird vom Reisen schwadroniert, das angeblich das beste Mittel zur Völker-, und Religions-Verständigung sei, aber im Grunde geht es nur darum, möglichst geräuschlos die All Inclusive Bettenburgen zu füllen für den durchkonfektionierten Urlaub.
Nein, das, was heute in Dresden zum Abend hin eben nicht passiert, muss einen Demokraten beunruhigen. Denn es ist wieder die Angst vor möglicherweise Vielleicht-Unbill, die uns unsere wunderbaren Freiheitsrechte kostet. Genau wie die, sorglos reisen zu dürfen und nicht am Flughafen wie ein potentieller Schwerverbrecher behandelt zu werden, wie die, sein Wunsch-Reiseziel auf Grund schwammiger Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes vielleicht lieber zu meiden oder selbst bei befreundeten Staaten Hürden vor dem Einreisestempel im Pass erdulden zu müssen, die die Lust, dort Gast sein zu wollen, arg strapaziert.
Die touristische Industrie, als Schönwetter-Branche verspottet, muss endlich anfangen, auch gesellschaftlichen Mut zu zeigen. Es war jahrelang allzu bequem, immer nur darauf hinzuweisen, dass man schon von Haus aus weltoffen und vorurteilslos-global denke. Dass man sich nicht vor irgendwelche politischen oder weltanschaulichen, religiösen Karren spanne lasse und nur dafür sorge, dass es zu realen Begegnungen von Menschen kommen könne.
Und so etwas kann sich nicht darauf beschränken, dass die Präsidenten der Dachverbände ihr Bekenntnis ablegen für Toleranz, Mitmenschlichkeit, Verständigungswillen und grenzenlose Freundschaft. Es würde nicht schaden, natürlich. Aber hier geht es um das große Rad. Um jeden einzelnen Betrieb. Von den Gastgebern, den Tourismus-Organisationen, bis hin zu den Veranstaltern und Mitarbeitern in den Zielgebietsagenturen. Der Tourismus holt die Menschen ab in ihrer entspanntesten Situation, in der sie sich normalerweise mental öffnen und bereit sind, mehr auf ihr Herz, als auf ihren wie-auch-immer Verstand zu hören. Hier ist jetzt die Kreativität gefragt, die Begegnung mit dem Fremden zum Genuss zu machen – über den regionalen Themenabend beim Büffet hinaus. Warum soll das Verstehen der Andersartigkeit dem kleinen Kreis der Studienreisenden vorbehalten bleiben? Es gibt unzählige Gesten des emotionalen Willkommens und der Aufklärung, die keine schulische Bevormundung eines urlaubsreifen Gastes sind, sondern eine Bereicherung für den Wohlfühlfaktor. Wenn hier tausende kleiner Ideen zusammenkommen, hat diffuse Angst keine Chance mehr. Das ist unsere Chance gegen Fanatiker. Auf beiden Seiten.