Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

Touristik Talk

Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Flug: Kunde ist immer der Doofe

Lautsprecher 218 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgKurz und knapp: die Kampfansage der Lufthansa Piloten gegen unschuldige Fluggäste ist einfach nur unerträglich egoistisch und rücksichtslos, vom Anspruch her völlig überzogen, und zeigend, wie abgehoben die Piloten mittlerweile sind von Moral und Ethik eines Berufsstandes, der einmal höchstes Vertrauen und Achtung in der Bevölkerung genoss. In dem Zusammenhang ist die Aussage eines Gewerkschaftsheinis bemerkenswert: die Piloten würden natürlich auch jetzt in den Flughäfen sein und Kontakt halten zu den völlig überlasteten Kolleginnen und Kollegen des Bodenpersonals. Aber in Zivil, ohne ihre schmucke Uniform mit den vielen Streifen. Weil sie sonst von den wütenden, verhinderten Fluggästen angepöbelt würden. Mit Recht, möchte man rufen. Eigentlich sollten die Passagiere auf Lufthansa Flügen in der nächsten Zeit zumindest symbolisch nach jeder Ansage des Kapitäns erst mal buhend und pfeifend klar machen, dass sie es satt haben, seit Jahren  als Geiseln genommen zu werden von maßlosen Gewerkschaftsvertretern aus der Luftfahrtbranche.

Das könnte als Lufthansa-Streik-Standpunkt für heute mal genügen. War ja auch deutlich genug. Mal schauen, wie das Scharmützel weitergeht und einem das Fliegen immer weiter vergällt. Ach ja, eines wollte ich dann trotzdem noch loswerden. Und dieses Mal geht es gegen TUI Fly und Airberlin, die beiden sympathischen Airlines, die sich jede Mühe geben, die Kunden immer mehr als lästigen Viehtransport anzusehen. (Andere sich selbst so sehende Qualitäts-Airlines dürfen sich auch durchaus angesprochen fühlen; hatten nur das Glück, letzte Woche von mir nicht persönlich erlebt zu werden..)

Nicht nur, dass die Bestuhlung gefühlt immer enger wird; mittlerweile gibt man auch jede Illusion auf, Service könnte Bestandteil einer Beförderung sein. Flug auf die Kanaren, fast sechs Stunden auf dem Hinweg. Irgendetwas zu essen? Natürlich nicht! Wenigstens ein Glas Wasser? Wo denken Sie hin? Alles bitte bezahlen, wie auf dem no-no-frillsten Billigflieger. Für eine Kaffee-Plörre 2,50 Euro, ebenso für einen Teebeutel, der müde in großzügig noch als warm definiertem Wasser schwimmt. Das ist echt eine Frechheit gegenüber den Gästen, die zusammengefercht über fünf Stunden lang trockener Luft ausgesetzt sind.

Man ist ja mittlerweile leid-erprobt und zu kraftlos, sich gegen die Marketing-Unverschämtheit zu wehren, das erweiterte, natürlich zu bezahlende, Essensangebot als neue Wahlfreiheit über den Wolken aufgeschwatzt zu bekommen. (mehr …)

Wie du reist, der du bist?

Lautsprecher 190 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgWegen eines Filmprojekts sprach ich in den letzten Tagen viel mit Touristikern im Ruhestand, wie das eigentlich früher so war mit der lustvollen Landverschickung in die große, weite Urlaubswelt: Aus heutiger Sicht fast schon amateurhaft und mit einem Übermaß an Bauchgefühl. Aber das soll um Himmels Willen keine Diskreditierung der damaligen Leistungen sein. Es waren eben andere Zeiten, der Markt und der Vertrieb klar strukturiert, die Urlauber genügsamer und bereit zum vorkonfektionierten Ferienspaß. Und duldsamer, wenn gewisse Hürden vor den Würden der Erholung standen.
Ein bisschen erinnert mich das an meinen Start in den Journalismus. Bei der ehrwürdigen Aachener Volkszeitung standen sogar noch die Bleidruckmaschinen, als ich mein Volontariat anfing. Wir rüsteten gerade um auf Fotosatz. In der Redaktion klapperten die uralten, mechanischen Triumpf Adler Schreibmaschinen – ich hatte eine olivgrüne Matura, die 25 Kilo wog und unverwüstlich mein Zweifinger-Stakkato ertrug, mit dem ich heute noch meine Texte tippe. Manuskript in die Rohrpost – und gut. Journalistisch bin ich heute natürlich viel weiter, als vor 35 Jahren, aber ich würde wahrscheinlich in jeder Zeitungsredaktion von heute an der Technik erst mal scheitern. Trotzdem: Unsere Geschichten damals waren gut. Und die Konzentrationsfähigkeit inmitten des Höllenlärms einer Redaktion kurz vor Abgabeschluss um 18 Uhr prägte fürs Leben.
Wenn Touristiker darüber plaudern, wie sie damals zur gleichen Zeit Kataloge machten, Hotels auswählten und Preise kalkulierten, wähnt man sich auch auf einem anderen Stern.
Heute werden nicht mehr Destinationen entdeckt, sondern Urlaubsbedürfnisse. (mehr …)

Das Fremde positiv vermitteln

Lautsprecher 183 – der „Was mit Reisen“ – Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgEs ist nicht sicher, ob der heutige Montag, an dem diese Ausgabe des Reiseradios veröffentlicht wird, für Dresden nun ein guter ist. Vordergründig schon. Die unsägliche Pegida-Demonstration der Kleingeister und hartherzigen Deutschtümler findet nicht statt. Abgesagt von den Sicherheitsbehörden. Da werden die Touristiker in Dresden aufatmen, dass zumindest diese Woche nicht noch mehr dumpfbackige Bilder den Ruf der Stadt weiter ruinieren. Aber der Anlass ist natürlich einer der schlechtesten. Sicherheitsbedenken wegen Terrorgefahr ausgerechnet aus der Ecke, die den Islam seit Jahren pervertiert, um Hybris, Mordlust und der eigenen erbärmlichen, unterbelichteten Existenz ein religiöses Deckmäntelchen zu geben. Das ist Wasser auf den Mühlen derjenigen, die grobschlächtig alles miteinander vermengen, was fremd ist, und dann als Bedrohung stilisieren.
Wie gesagt, als Tourismus-Verantwortlicher wird man vielleicht erleichtert sein, dass ein lokales, unappetitliches Ereignis in Dresden heute zur Nicht-Nachricht wird. Das würde zur Haltung passen, wie die touristische Industrie seit Jahren generell mit dem religiös motiviertem Terror – also dem Gegenstück – umzugehen neigt: nämlich ihn lieber zu verharmlosen, als verwirrte, angeblich kontrollierbare Einzeltaten verbal zu entschärfen, abstrakte Bedrohungen lieber kleinzureden und die Sorglos-Sicherheitsarchitektur der organisierten Landverschickung in den werbenden Vordergrund zu stellen. Da wird vom Reisen schwadroniert, das angeblich das beste Mittel zur Völker-, und Religions-Verständigung sei, aber im Grunde geht es nur darum, möglichst geräuschlos die All Inclusive Bettenburgen zu füllen für den durchkonfektionierten Urlaub. (mehr …)

Ein Streik und seine Folgen

Lautsprecher 173 – Der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgGrob 24 Stunden, von Freitagmittag bis Samstagmittag, haben hunderttausende Menschen unterwegs wieder mal erleben müssen, dass verbohrte Kleinstgewerkschaftler sie ungerührt in Geiselhaft nahmen für ihre Interessen. „Wer nicht hören will, muss fühlen“, erdreistet sich Lokführer-Funktionär Weselsky. Und das ist der eigentliche Skandal. Nicht die Mehrkosten für die Lufthansa oder die Deutsche Bahn und ihre Töchter – und die damit einhergehende Sorge über ihre Wirtschaftlichkeit oder Reputation. Das ist zu akzeptierendes Ritual in den Tarifscharmützeln. Nein, es geht nicht um Image. Nicht um Wirtschaftswachstum und Infrastruktur und den „guten Ruf von Deutschland in der Welt“.
Das Streikrecht und die Tarifautonomie sind gesellschaftliche Errungenschaften, die, maßvoll angewandt, zum Wohle aller die Interessen immer ausgeglichen haben in Deutschland.
Aber nun erlebt die Mobilitätsbranche zum wiederholten Mal, wie Sparten-Gewerkschaftler ihren Kampf rücksichtslos auf dem Rücken völlig unbeteiligter Dritter austragen. Keiner der gestrandeten Flug-Passagiere oder Bahnreisenden oder S-Bahn-Nutzer ist Gegenspieler im Tarifstreit. Keiner muss mit sanftem Druck an den Verhandlungstisch zurückgezwungen werden. Die Expedienten, die mit Stress und Überstunden Flugverbindungen umrouten mussten, dürften wenig Solidaritätsgefühl haben für die Piloten und die Lokführer. Ebenso wenig die Hoteliers, oder wer auch immer mittelbar oder direkt davon lebt, dass Menschen unterwegs sind – privat oder beruflich.
Es ist ein Gefühl der wütenden Ohnmacht, von außen mitansehen zu müssen, wie für einen nichtigen Tarifstreit Unschuldige als Druckmittel missbraucht werden. Nein, es geht nicht etwa um Substanzielles, nicht um Massenentlassungen, um Lohnkürzungen oder Daumenschrauben aus dem Folterkasten des Turbokapitalismus. Es geht um nicht mehr zeitgemäße Pfründe bei zudem  hoch dotierten Piloten-Verträgen für künftige Neueinstellungen. Und es geht im Wesentlichen um einen Machtkampf zwischen zwei Gewerkschaften auf der Schiene.
Wenn es noch Zweifel gab, ob man sich einmischen solle in die doch eigentlich ganz gut austarierte Balance of Power, haben die Warnstreiks der letzten Tage deutlich gemacht, dass die Politik jetzt Handlungsbedarf hat. Von daher muss man GDL und Vereinigung Cockpit aus der Sicht einer Geisel sogar dankbar sein, dass sie die besten Argumente für ihre Abschaffung gerade selbst liefern.

Ein Abschuss und die Folgen

Lautsprecher 172 – Der „Was mit Reisen“ Standpunkt

drensek_kommentarIhr Reiseradio hat die letzten Tage im wunderschönen Baden-Baden im Schwarzwald verbracht; unter anderem auch beim traditionellen BBQ von L’tur im Garten ihrer Villa an der Lichtentaler Allee. Diese eigentlich unprätentiöse Veranstaltung hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einer Art G8 Gipfel der Reiseindustrie entwickelt. Top-Manager der Reisebranche unter sich, großzügig spendend für United Charity von Dagmar Kögel, der Frau von L’tur Gründer Karlheinz Kögel, und offen diskutierend über Probleme und Prognosen bei Schwertfisch und Filet von den Grills des Medici, quasi der L’tur Hauskantine.

Es war der Tag des schockierenden Abschusses der Malaysian Air durch, so verdichtet es sich immer mehr, russische Macho-Terroristen, ob nun dies oder jenseits der ukrainischen Ostgrenze. Dieses Verbrechen, auch wenn es bei uns medial angesichts von „nur“ vier toten Deutschen an Bord lange nicht so emotional aufbereitet wurde, wie bei unseren holländischen Nachbarn, erschüttert auch die Reisebranche ins Mark, wie man an dem Abend merken konnte.

Zwar werden die Urlaubsmacher schon seit langem durch exogene Krisen herausgefordert, die sie überwiegend durch gutes Management bewältigen. Man hat sich auch mit manchmal fragwürdigen Reisehinweisen eines überfordert scheinenden Auswärtigen Amtes arrangiert und selbst politische Bankrotterklärungen, wie die Nicht-Organisation einer Aschewolke irgendwie gemeistert. Aber hier geht es an die Substanz. Ein Jet voller unschuldiger Menschen, viele davon Urlauber, auf dem Weg nach Asien, wird verheerend zerstört, weil irgendwelche Terroristen mit dem IQ eines Toastbrots es können und gerade Lust darauf haben.

Das ist das ultimative Drama der völligen Ohnmacht. Es gibt Menschen, die sind beim Reisen vorsichtig geworden. Für meine Begriffe übervorsichtig und manchmal auch grundlos panisch. Sie meiden Regionen und Nationalitäten nur wegen eines Bauchgefühls. Sie lassen sich von im Kern unsinnigen und auf Show ausgelegten Kontrollen in Flughäfen drangsalieren, „weil es ja so sein muss für unsere Sicherheit“. Sie sind nicht Abenteuer-suchend und wegen des Rundum-sorglos-Versprechens der Branche auch eher nicht reiseerfahren im klassischen Sinn. Und dann haben sie gerade ihr Menü gegessen an Bord und werden in der nächsten Sekunde in einen tödlichen Absturz geschickt. Nur weil sie zufällig auf ihrem Weg nach Kuala Lumpur einigen Arschlöchern in ihrem Raketenpanzer ins Fadenkreuz gerieten.

Dass etliche Menschen in diesen Tagen mit einem subjektiv sehr unguten Gefühl in ihre Ferienflieger steigen.. – wer will es ihnen verdenken? Dazu noch die objektiv harmlosen aber spektakulär erschienenen Raketensplitter auf dem Deck der AIDA vor Israel. Und das ausgerechnet in den Tagen und Wochen, die für die Industrie angesichts der bisherigen Buchungslage bis Ende der WM höchste Priorität haben… Die Auswirkungen möchte sich noch niemand ausmalen…