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Reiseradio 084 – Sondersendung DRV Südkorea / Jürgen Büchy, und wie er den Verband reformieren möchte / Charm Lee über sein fernes Juwel / Gastgeber Montenegro 2012 will auf Landkarte zurück

Das Reiseradio, immer noch fern der Heimat, in Südkorea, bei der Jahrestagung des DRV. Es ist eine, gemessen am sonstigen Herdentrieb des Verbandes, relativ kleine Gruppe, die den Weg nach Daegu gefunden hat; perfekt umsorgt von den immer freundlichen und sich permanent verbeugenden Gastgebern. Es ist eine, gemessen an der sonstigen Streitlust des Verbandes, relativ gelassene Zusammenkunft. Man scheint sich daran gewöhnt zu haben, dass es eben nicht mehr die heile Urlaubswelt der Anfangsjahre gibt, und dass die Herausforderungen von allen Seiten ungerührt auf den heterogenen Branchenclub einprasseln – egal, ob man nun den Kopf in den Sand steckt und Veränderungen einfach nicht, oder, alternativ, auch wutschnaubend, zur Kenntnis nimmt. Natürlich war am Dienstag eigentlich nur ein Thema beherrschend auf den Flügen; spätestens, nachdem man merkte, dass Peter Fankhauser nicht eingecheckt hatte: die finanziell bedrohliche Situation der britischen Mutter von Thomas Cook und Neckermann. Da spürte man schon echte Anteilnahme der Konkurrenten, dass die Nachrichten aus London sich nicht negativ auf das deutsche Geschäft auswirken mögen. Denn das würde einen Strudel erzeugen, der das prognostizierte weitere Wachstum nach dem sehr guten Jahr 2011 wohl zur Makulatur werden ließe. Es reicht ja schon, dass Ägyptern auf der Straße gerade dabei ist, das optimistische Pflänzchen Wintergeschäft niederzutrampeln. Nun scheint zumindest das Thema Thomas Cook bei der Produktion dieses Reiseradios vom Tisch zu sein, nachdem die Banken die Kreditlinie doch erweitert haben… aber dennoch: es würde den Rahmen dieser Begrüßung bei weitem sprengen, wenn man alle dunklen Wolken am Reisehimmel benennt, die in den kommenden Monaten noch für kalte Duschen sorgen könnten.

Zum Glück für die Branche hat ihr neuer Präsident ein eher sonniges Gemüt. In der Ruhe liegt die Kraft. Und gefühlt ist er an der Spitze des Verbandes angekommen – auch bei denen, die letztes Jahr in Agadir eher den alternativen Jürgen auf den Thron hieven wollten. Jürgen Büchy macht nun ernst mit der Vielstimmigkeit; wohl wissend, dass es eh fast nie mehr eine Stimme des DRV geben wird. Breit diskutieren und dann kommunizieren ist seine Strategie. Früher war das ja eigentlich komplett andersherum. Und deshalb landeten erst mal alle Streitthemen in Fachrunden. Wie schon gesagt: selten so eine harmonische Jahrestagung erlebt.

Aber trotzdem wird man sich intern die Frage stellen müssen beim DRV, ob es noch so weitergehen kann mit den Meetings. Zwar hat Charm Lee als Gastgeber strahlend geglänzt, wie man das von ihm erwartet hatte – mehr dazu gleich im Gespräch mit ihm – aber der Sinn einer eher unwichtigen Tagung ohne prickelnde Inhalte so entfernt von Deutschland muss erst einmal neu definiert werden. Auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit. Nächstes Jahr lädt Montenegro ein. Das ist ja fast schon vor der Haustür, und Karlo Petelin, Montenegros Cheftouristiker in Frankfurt, wird gleich im Reiseradio-Gespräch deutlich machen, welche großen Erwartungen man an der Adria hat in Bezug auf diese Initialzündung für den deutschen Markt.

Aber Jürgen Büchy wird sicher im Jahr Zwei seines Amtes den Verbandstag brutal auf den Prüfstand stellen müssen mit der Vorgabe: alles kann wegfallen, alles darf neu gedacht werden. Denn offen gesagt: mit dieser traditionellen, gepflegten Langeweile des ritualisierten Treffens wird man es sehr schwer haben, für künftige Jahrestreffen Touristiker zu begeistern, sich mit Zeit und Geld zu engagieren.

Jürgen Büchy ist übrigens fast der Alleinunterhalter in dieser Ausgabe des Reiseradios: 30 Minuten spannendes und vergnügliches Kamingespräch – vor allem auch für all die, die nicht dabei waren und trotzdem aus allererster Hand erfahren wollen, wo der Verband heute steht.

Reiseradio 036 – Trotz Asche Asche gemacht – TUI im Plus / Exklusive Hotelmarken als Gewinnbringer / Frösche quaken für Millionen – 24 Prozent mehr FTI-Gäste / Bundesregierung brandmarkt Bettensteuer als Wegelagerei / DTV bejubelt Deutschlandtourismus / Touristikpreis für RUF und Kindermusik-Camp / Karl Born und die Mythen der Marktforschung

Seit zwei Tagen sieht man kaum noch die Hand vor Augen. Das liebreizende Istanbul versteckt sich in einer nebligen Suppe. Ein bisschen bösartig könnte man sagen, das Wetter ist kongenial zum Inhalt der Programmpräsentation der TUI… Nein, natürlich nicht. Alles schön, alles gut, Zahlen gibt es natürlich keine, die bösen Börsenvorschriften der PLC Mutter. Aber man gibt sich happy in Hannover. Alles andere hätte nach den Vorgaben der Mitbewerber auch arg verwundert.

Der Marktführer ist natürlich auch optimistisch für die Zukunft, nachdem der Sommer trotz Asche und Fußball doch 5 Prozent mehr Urlauber und 3 Prozent mehr Umsatz in die TUI-Bücher spülte. 10 Prozent liegt man schon im Plus bei den Buchungen für den laufenden Winter. Da müsste schon einiges passieren, wenn der kommende Sommer nicht wieder durchstartet mit der Reiselust. Dazu gleich mehr im Gespräch mit Dr. Volker Böttcher hier in Istanbul.

Sein Kollege Dietmar Gunz, der seine FTI-Touristik ohne lästige PLC führt, reportierte diese Woche gar unglaubliche24 Prozent mehr Gäste im abgelaufenen Geschäftsjahr und endlich eine konkrete Zahl: etwa 10 Millionen Reingewinn als Lohn der Last. Das ist zwar nur eine erst mal magere Umsatzrendite von einem Prozent, aber seit dem 124 Millionen Finanzloch bei der TUI ist man ja auch etwas vorsichtiger geworden, wenn die Großen mit Umsatzrenditen von etwa 3 Prozent prahlen. Etwas abgewandelt könnte man sagen, ich glaube nur der Bilanz, die ich selbst gefälscht habe..

Die Ferne läuft gut, die Nähe läuft gut, und deshalb gab es diese Woche noch ein Happy Happy Erlebnis: den Deutschen Tourismustag in Essen. Auch DTV Präsident Reinhard Meyer konnte sich elegant von Traumzahl zu Traumzahl schwingen. Deutschland schreibt Rekorde bei den Besuchern. Die Flugstrafsteuer kratzt ihn logischerweise nicht so sehr, wie die neuen Begehrlichkeiten der Stadtkämmerer, die nur allzu gerne eine Bettensteuer durchsetzen würden, nachdem Hotelleistungen nun mit 12 Prozent weniger das Finanzamt alimentieren müssen. Und oh Wunder: es gab eine knallharte Absage an die „Wegelagerei“ durch ein Mitglied der Bundesregierung. Der Tourismusbeauftragte,Staatssekretär Ernst Burgbacher, geißelte ohne Interpretationsraum die Abgabe was ihm wahrscheinlich auch leichter fiel, weil die Bundesregierung in dieser Frage auch nicht so recht involviert ist.

Während alle großen Veranstalter in diesen Tagen ausgefeilte Familienurlaubs-Projekte präsentierten, vorwiegend rund ums Mittemeer, konnte ein kleiner Spezialist aus Bielefeld die Jury des Deutschen Tourismuspreises überzeugen: völlig überraschend gewann der Jugendreise-Veranstalter RUF die begehrte Trophäe mit der originellen Idee einesMusik-Festival-Camps für 12 bis 15 Jährige – auf Rügen. Ganz ohne Dieter Bohlen, aber mit viel Spaß für die Kiddies und als Beweis, dass auch Urlaub in Deutschland keineswegs schnarchig sein muss für Jugendliche – wenn sie denn ohne Eltern reisen dürfen.

Und mit meinem Lieblingsprofessor Karl Born musste ich nach überwältigendem Hineinschnuppern in die Hexenküche der touristischen Marktforschung doch einfach ein bisschen Ablästern über Cosmo Spa Naturalists und Regulated Families als die neuen Zielgruppen für das Glück der Reiseveranstalter.