Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

Touristik Talk

Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Reiseradio 064 – Die Almhütte als Sehnsuchtsort für die Seele: drei Sennerinnen erzählen Heidi-Romantik aus anderer Sicht / Mit oder ohne Fass: der Bernhardiner als Symbol für die Schweiz / Der Fischer vom Zürichsee: ganz weit weg von den Millionärsvillen / Bitte ohne Fleisch: Hiltl – das älteste vegetarische Restaurant Europas

Reiseradio mal nicht produziert auf dem Schoß – irgendwo auf der Welt, sondern aus dem Berliner Studio. Mit gutem Internet-Anschluss. Und da kommen wir sofort zum Schwerpunkt-Thema dieser Ausgabe. Die neue Social Web Kampagne von Schweiz Tourismus mit der sinnigen Internet-Adresse www.urlaubohneinternet.de hat mich auf die Idee gebracht. Wir alle haben mittlerweile so viele Devices, mit denen wir permanent online sind, dass wir es uns auch im Urlaub gar nicht vorstellen können, wie es in der Zeit davor war. Als selbst ein Telefonanruf aus dem Ausland genau überlegt wurde, weil erstens kompliziert und zweitens schweineteuer. Wäre es nicht mal total verlockend, davon eine Auszeit zu nehmen? Kein Bimmeln, keine sms, kein News-Update, keine E-Mail? Die Almhütte steht eigentlich etwas klischeebehaftet für so einen Sehnsuchtsort – ähnlich, wie die einsame Insel. Weil ich aber auf der einsamen Insel wenig Interviewpartner finden würde, habe ich mich aufgemacht in die Alpen und spreche gleich mit drei Menschen, die diese Erfahrung der Stille weit oben schon viele Jahre lang machen. Eine junge Akademikerin, die sonst psychologisches Coaching in der Stadt macht, aber trotzdem gerne den Almsommer auf der steirischen Ritzinger-Hütte ihrer Mutter verbringt. Die 82jährige Seniorchefin des Hotels Theresia in Hinterglemm, die schon als junges Mädchen hart arbeitend auf die Alm musste und die Wirtin der Cristallina Hütte im Tessin, eine der modernsten Hütten der Schweiz. Drei Alm-Idyllen aus einer etwas anderen Sichtweise.

Wenn Sie über ein Symbol für die Schweiz nachdenken, dann kommt sehr schnell neben der stylischen Flagge mit dem weißen Kreuz auf rotem Grund und der Schokolade der treue Bernhardiner Hund in den Sinn. In diesen Tagen sind die Hunde gerade auf den Pass gebracht worden zum Kloster auf dem St. Bernhard. Ich habe sie noch vor ihrer Abreise angetroffen in Martigny im Wallis, wo sich auch das bemerkenswerte Bernhardiner Hundemuseum und die Zucht befinden.

Zum Glück fahren die Fischer vom Zürichsee zweimal am Tag aufs Wasser. So musste ich nicht den Drei-Uhr-früh-Termin wählen, um mit dem 22jährigen Stefan Zehnder mit einem kleinen Boot abzulegen. Am Ufer befindet sich eine der teuersten Wohngegenden der Welt – aber mitten auf dem See kann man davon Universen entfernt sein.

Es gibt ein Restaurant in Zürich, das brummt stärker, als alle anderen. 2000 Menschen wollen da jeden Tag bedient werden. Die integrierte Bar und der Nachtklub sind Hotspots. Das Wunderlichste aber: die Küche ist komplett fleisch- und fischfrei. Ich traf Rolf Hiltl, der hier das älteste vegetarische Restaurant Europas leitet. Einen der neuen In-Plätze der gefühlten Schweizer Hauptstadt.

Heute ist das Reiseradio mal ohne den bissigen Abschluss mit meinem Lieblingsprofessor Karl Born. Aber nach den Feiertagen sind wir ja auch so mit dem Heiligen Geist durchweht, dass es mal gut ist, nicht bösartig zu sein.

Reiseradio 063 – Dehoga Präsident Fischer: keine Gnade für dreckige Restaurants / Umwelt war gestern – Nachhaltigkeit ist heute: TUI geht mal wieder voran / Das Schweizer Bergdorf Vnà mag kein Hotel sein: vom Scheitern einer klugen Idee / Eintrittsgebühr in die USA für Behörde statt Werbung?

Wir haben eigentlich zwei Schwerpunkte heute im Reise Radio. Zum einen kümmern wir uns um die Lage der Hoteliers und Gastronomen in Deutschland. Dazu gleich ein Gespräch mit Dehoga Präsident Ernst Fischer. Aber es geht auch um den Begriff Nachhaltigkeit im Tourismus, Jetzt höre ich schon Ihr Aufstöhnen. Oh je, Reiseradio macht heute eine Gutmenschen-Sendung. Als ob die Branche nicht andere Probleme hätte. Aber seien Sie gespannt, wie konkret Bemühungen um nachhaltigeres Reisen auch im Volumen-Tourismus erfolgsversprechend sein können, wenn privatwirtschaftliche Konzerne und Entwicklungshilfe gemeinsame Sache machen. Und wie sehr Hilfe auch scheitern kann, wenn man Betroffene ohne böse Absicht zu ihrem Glück ein wenig zwingen möchte…

(ab 07:35) Wenn Interessensverbände zur Lage der Branche laden, dann ahnt man als Journalist in der Regel den Inhalt schon voraus: die Lage ist hoffnungslos, aber zum Glück nicht ernst. Klagen gehört zum Geschäft. Das haben die Bauernverbände beispielgebend so vorgeführt. Auch Dehoga Präsident Fischer wollte trotz Steuerersparnis und Rekord-Übernachtungszahlen nicht nur Hosianna murmeln. Er möchte die reduzierten Steuersätze nun auch in Schritt Zwei für die Gastronomie durchsetzen. Man muss sich eben noch Ziele setzen. Aber eben nicht für alle Betriebe: selten hat ein Verbandschef so massiv die Schließung von Restaurants und Futterbuden gefordert, die ekelig bei den Kontrolluntersuchungen auffallen. No mercy. Keine Gnade. Nun bleibt die Frage, ob Fischer den Rächer der Sauberen gibt, der ob er nur ein verbal schlauer Fuchs ist, um die ungeliebte Hygiene Ampel zu vermeiden. Urteilen Sie selbst nach dem Interview.

(ab 24:30) Bei Nachhaltigkeit im Tourismus hat man ungerechterweise immer so das Bild der Sandalenträger vor Augen, die etwas unbequem in den Strandhütten einer Wasserindianer-Kollektive sinngebend auf Kurzzeit leben wollen, wie die Einheimischen und ganz gestresst sind vom permanenten Versuch, sich höflichst zu assimilieren. Sozusagen der Gegenentwurf zum rülpsenden Ballermann. Von den nachdenklich durch die Welt Stolpernden profitieren Veranstalter, wie die von Anders Reisen. Von den anderen die Volumenveranstalter. Einer, und sogar der volumigste, hat aber jetzt auch die Nachhaltigkeit für den Massentourismus entdeckt. So dezent, dass es den Urlaubern nicht weh tut und als Spaßbremse missverstanden wird, aber so wirksam, weil eben Millionen kleiner Schritte in der Regel weiter führen, als beherztes Auftreten einer Mini-Elite. Es erwartet Sie ein sehr interessantes Gespräch mit dem Nachhaltigkeits-Beauftragten der TUI, Professor Harald Zeiss und Klaus Lengefeld von der GIZ, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit.

(ab 40:30) Aber…: dass Gutes wollen, Gutes machen nicht unbedingt zum nachhaltigen Erfolgserlebnis wird, wenn man es versäumt, die Seelen der Betroffenen rechtzeitig mitzunehmen auf den neuen Weg, das zeigen wir im folgenden Gespräch. Ein Dorf wird Hotel. Das war so ein Musterprojekt. Über so etwas berichten Journalisten gerne. Da wird anscheinend alles richtig gemacht. Win-win-Situation für alle. Das ist Tourismus, wie wir ihn lieben… wollen. Aber im Engadiner 70-Seelen-Bergbauern-Dorf Vná waren die Bauern stur. Städter würden arrogant murmeln, sie waren etwas beschränkt und haben die Chancen nicht gesehen. Auf jeden Fall wollen sie lieber, das alles so bleibt wie früher. Und bauernschlau haben sie erkannt, dass durch die weltweite Aufmerksamkeit auf das Bergdorf Vná die Maklerpreise für wackelige Hütten astronomisch in die Höhe geschossen sind. Auch so kann man scheinbare Armut bekämpfen. Wenn auch nicht in touristisch gewünschter Weise. Wir sprechen mit einer der Initiatorinnen, Urezza Famos.

http://www.hotelvna.ch/

http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,593384,00.html

(ab 54:55) Irgendwie wird auch Amerika-Reisenden seit Anfang des Jahres vorgegaukelt, die neue Einreisegebühr in die USA würde nachhaltig für etwas Gutes verwendet. Nämlich die Tourismuswerbung für das großartige Land. Leider bekam mein Kollege Rüdiger Edelmann auf dem Pow Wow in San Francisco den Eindruck, hier entsteht eine gefräßige, sich selbst ernährende neue Behörde, die vor allem sich selbst verwaltet und alimentiert – mit einem Behördenleiter, dessen Fachkompetenz nur Spurenelemente von Tourismusmarketing enthält.

(ab 01:02:45) Vielleicht sollten wir nur noch virtuell nach Amerika reisen. Nein, so viel Online und Digital möchte selbst der Fachverband des Internet-Reisevertriebs nicht. So lange Gedankenreisen à la Total Recall nur Hollywood-Phantasien mit Arnold Schwarzenegger sind, sollte am Ende des Beratungs-Prozesses auf durchschnittlich 13 Webseiten auch irgendwann eine Buchung stehen. Darüber – unter anderem – unterhalte ich mich mit meinem Lieblingsprofessor Karl Born, dessen Liebe zum Internet legendär ist.

Karl Born und die Offline-Berghütte

Mit meinem Lieblingsprofessor Karl Born rede ich über unter anderem über eine urige Schweizer Berghütte, die man witzigerweise nur online gewinnen kann, um bei etwas Glück in ihr offline wunderbar ruhige Tage fern von Telefon und Internet zu verbringen. Wir waren Mäuschen bei den Online Innovationstagen des VIR und wundern uns über die Magie der Zahlen und Visionen, über die Technik, die begeistert, und manchmal etwas den leicht überforderten Menschen am virtuellen Counter vergisst. Wir warnen vor der Gelben Gefahr in den Urlaubsparadiesen, woran nur die geldgierige TUI ihre Schuld trägt. Und wir sehen mit Sorge, ob es jetzt auch ein böses Omen nach all den Pannen und Unfällen ist, dass jetzt auch die Ratten auf einmal die Quantas-Flugzeuge verlassen… Wie immer in der letzten Viertelstunde der Sendung: Hier lernen Sie Tourismus.