Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

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Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Reiseradio 124 – Erfolgreiches Start-Up „Get Your Guide“ / Trotz Berlin-Boom: Bremse für Privat-Betten? / Erfolgreichste Expi-Azubine Deutschlands / Ausgezeichnete Lauschtour in Bayrisch-Schwaben

Hier ist das Reiseradio aus Berlin, das allen Unkenrufen zum Trotz tatsächlich auch nach einer Woche voller Meldungen über die suboptimale Planung des neuen Airports ohne Probleme mit dem Flugzeug erreichbar bleibt… Es ist natürlich eine peinliche Serie von Versäumnissen auf der Führungsebene, die jetzt immer deutlicher wird, aber eine gewisse Eigendynamik in der Berichterstattung wundert mich schön länger: Alles wird zur Zeit irgendwie personalisiert zugespitzt auf die drei Köpfe Wowereit, Platzeck und Geschäftsführer Schwarz – als ob die drei von der Zankstelle im Dauerclinch mit den Experten Billigmörtel, Elektroschrott und Kabel-Chaos durchgeboxt hätten.. Hallo…? Darf man auch langsam mal die Frage stellen, welche Avanti-Dilettanti-Mentalität bei den beteiligten Baufirmen und Technologie-Konzernen hier in Berlin praktiziert wird seit Jahren? Die Aufsicht hat versagt, klar, aber wer hier eigentlich peinlich im Regen stehen müsste, ist das deutsche Baugewerbe, das trotz des gerne gezeichneten Bildes des Welt-Expertentums diesen Megaschrott produziert hat. Für meinen Begriff ist es ein politisches Schattenboxen, das hier gerade zelebriert wird. Ist ja auch viel leichter, sich über Köpfe und Kündigungen zu erregen, als über komplizierte Baupläne und Pfusch am Bau.

Zum Glück interessiert das die Besucher Berlins nur äußerst peripher. Um die 25 Millionen Übernachtungen 2012. Das ist ein Rekord, der nur noch von London und Paris übertroffen wird. Das leicht chaotische Berlin scheint eben eine hohe Anziehungskraft zu haben. Das immer noch günstige Preisniveau tut sein Übriges. Nun kann Besucherliebe aber auch erdrückend sein. Fragen Sie mal einen Venezianer. In manchen Szene-Bereichen oder Hot-Spots fühlen sich die Einheimischen mittlerweile als nur noch geduldet von den Gästen. Spezielles Problem in Berlin: die geschätzt 15.000 Privatquartiere. Gegen einen Großteil dieser zumeist illegal betriebenen Übernachtungsplätze will der Senat jetzt vorgehen. Das klingt vor allem für die jungen Gäste Berlins total uncool. Und auch Wohnungseigentümer laufen Sturm. Aber wer eine Wohnung für Dauer sucht, oder in einem Haus lebt, bei dem ein Großteil der Bewohner alle zwei Tage wechselt, sieht das vielleicht anders. Das sieht im Reiseradio-Gespräch auch Christian Tänzler von Visit Berlin ein.

Wenn ein junger Mensch mit Ende 20 zusammen mit 4 Kommilitonen im Internet eine Reiseseite bastelt, und die in diesem speziellen Segment innerhalb von vier Jahren zum Weltmarktführer wird, dann darf er sich auch ein bisschen wie Alice in Wonderland fühlen, wenn ihm Investoren in Amerika 14 Millionen Dollar Risikokapital geradezu aufdrängen. Das Schweizer Start Up mit Sitz in Berlin namens GetYourGuide, das sein Geschäft mit der Vorabbuchung von Ausflügen, Führungen und Events vornehmlich für Städtetouristen macht, gehört zu den Gewinnern im Online-Reise-Segment. Ich traf Johannes Reck, den 28jährigen CEO in Berlin. Natürlich in einer Fabriketage in Friedrichshain.

14 Millionen Dollar hat Franziska Binner noch nicht angeboten bekommen für die Qualität ihrer Arbeit. Aber den Job als Reiseverkehrskauffrau im First Reisebüro in Peine. Kein Wunder, dass man sie mit Kusshand genommen hat: Franziska schaffte 99 von 100 möglichen Punkten in der Prüfung vor der Industrie und Handelskammer und wurde damit bester Azubi im Jahr 2012. Ich erreichte sie am Counter und konnte sie befragen, warum sie sich für den Beruf der Reiseberaterin so sehr begeistert.

Sie merken schon, in dieser Sendung von „Was mit Reisen“ springen wir zwischen dem Virtuellen und Realen. Das letzte Thema ist eine Mixtur. Eine preisgekrönte: Gerade bekam die Lauschtour des Tourismusverbandes Bayrisch-Schwaben den ADAC Tourismuspreis 2013. Gäste können sich kostenlos akustisch sehr lebendige Reiseführer auf ihren IPod laden und werden Touren am Wegesrand wie kolossales Kino im Kopf erleben. Ute Rotter vom Tourismusverband und Moor-Experte Ulrich Meck erläutern im Reiseradio das tolle Konzept. Und ein Beispiel können Sie auch hören – wie man Sie nämlich spannend durch das Leipheimer Moos führt.

Reiseradio 092 – Rekorde in Berlin, aber Hotels hadern mit Preis / Waldorf Astoria – West-Berlins neue 1. Adresse / Tulpen nicht nur aus Amsterdam – Holland boomt / Schüler haben keine Angst vor Ägypten-Urlaub / Buchtipp: Terra Polaris

Als Journalist habe ich normalerweise Verständnis, wenn Beschäftigte selbst den Streik als Mittel der letzten Wahl sehen, um ihre wahrscheinlich nicht unberechtigten Interessen gegen „die da oben“ durchzusetzen. Aber was momentan am Frankfurter Flughafen passiert, ist einfach lächerlich. Da stehen geradezu absurde Forderungen im Raum von gerade mal 200 Hanseln, die mit ihrer Maßlosigkeit nicht nur Zigtausend Passagiere in Bedrängnis bringen,  sondern auch die übrigen Beschäftigten am großen Drehkreuz zu nervenaufreibender Mehrarbeit wegen der gestrandeten Menschen zwingen. 200 Menschen, die jetzt schon zu den sehr gut bezahlten Mitarbeitern gehören, nehmen die Fliegerei mit Millionenverlusten in Geiselhaft. Egal, wie dieser absurde Kleinkrieg ausgeht, hinterher dürften die Vorfeld-Arbeiter zu den meistgehassten Angestellten am Frankfurter Flughafen gehören. Auch eine Auszeichnung, die man sich hart erarbeiten muss…

Friedlicher geht es heute im Reiseradio zu. Auch wenn manche Hoteliers in Berlin trotz der Rekordzahlen bei den Übernachtungen in der Hauptstadt etwas resigniert die Faust ballen. Berlin ist nämlich vor allem auch deshalb so sexy für die Besucher, weil man hier sehr viel bekommt fürs Geld – verglichen mit anderen Metropolen. 70 Euro Durchschnittspreis für das Zimmer – da nähert sich Berlin Las Vegas an, wo die Hotelbetten auch oft fast verschenkt werden, weil man über den Casino-Umweg die Rendite erhofft. Leider ist die Auslastung in der Deutschen Hauptstadt aber weit entfernt von der der Spielermetropole. Gerade mal 50 Prozent – und wenn man nur die Innenstadthotels nimmt, 70 Prozent. Da fragt man sich, wo wird das Geld verdient? Burkhard Kieker, der Chef von Visit Berlin, ist sich des Problems bewusst, aber er muss natürlich das Große Ganze sehen. Jeder Besucher bringt Geld in die Stadt, und jetzt, wo der Senat mit Bettensteuer abkassieren will, ist jedes günstige Hotelzimmer doppelt Gold wert, wie er gleich im Gespräch erläutert.

Trotz der rechnerisch unbefriedigenden Hotelsituation in der Hauptstadt wird gebaut, dass es den Kränen schwindelig wird. Gerade in der Endphase ist das Waldorf Astoria, das nicht nur Berlins höchstes Hotel wird, sondern auch die City West am Bahnhof Zoo mächtig aufwerten soll. Die Internationalen Konzerne sehen Berlin langfristig immer noch als Goldgrube, weil man der Stadt weiter eine unglaubliche Entwicklung zutraut. Hotelinvestitionen ähneln heute einem Börsenspiel: da sind ja auch meistens Erwartungen schon in der Aktie eingepreist. Und Waldorf Astoria Direktor Friedrich Niemann, den ich zum Gespräch im 31 Stock auf der Noch-Baustelle traf, hat viele Visionen, was Auslastung und die Best Available Rate in Zukunft anzeigen.

Unser westlicher Nachbar Holland exportiert nicht nur geschmacklose Tomaten, sondern auch wunderschöne Blumen. Die wiederum, vornehmlich Tulpen in den kommenden Monaten, importieren umgekehrt Unmengen von Gästen Dieses Jahr noch mehr, weil es nicht nur den Keukenhof gibt, sondern auch noch die Floriade, eine Weltmesse der Gartenkunst. Lothar Peters, oberster Holland-Werber, peilt also den nächsten Besucherrekord im Land hinter den Deichen an. Eigentlich müsste er ein rundum zufriedener Mensch sein. Wenn der Staat ihm nicht das Budget gekürzt hätte. Um glatte 50 Prozent. Da mag in Den Haag die Tomaten-Devise gegolten haben: egal ob sie schmecken, und egal, ob wir sie bewerben – gekauft wird das Gemüse trotzdem. Warum soll das mit dem Tourismus nicht auch klappen…?

Expedienten am Reisebüro-Counter haben es momentan nicht leicht, Reisewillige für Ägypten zu überzeugen. Oft wird gerade bei den typischen Pauschalis von einer diffusen Angst berichtet – selbst in ihren sicheren All-Inclusive Anlagen am Roten Meer, die die meisten eh nicht verlassen. Diese Woche traf ich Schüler der Fichtenberg-Oberschule in Berlin. Sie hatten sich gerade von jungen Revolutionären aus erster Hand berichten lassen, wie es ist seit dem letzten Frühling. Deshalb wollte ich hinterher von Ihnen wissen, wie sie denn reagieren würden, wenn ihnen morgen jemand Urlaub anbieten würde im Land der Pharaonen. Mit einem sehr interessanten Ergebnis – nur, dass keiner von Ihnen sich vorstellen könnte, im Reisebüro klassisch zu buchen.

Und noch einen Buchtipp gibt es heute. Ein richtig schwerer Bildband über die Terra Polaris, also das Trekking in der Arktis und Antarktis. Das ist auch kein Produkt, das mal eben so über den Counter geht, aber manchmal ist Coffeetable Reisen ja auch sehr befriedigend. Ich sprach mit Michael Vogeley, der seine Lust am Abenteuer jedes Jahr ausleben muss. Ein Reisejournalist der ganz besonderen Art.