Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

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Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Reiseradio 152 – Norbert Fiebig: Veranstalter verkaufen Vertrauen / Nachhaltig: Almsommer und Bauernherbst / Häusel: Emotionen als Kaufanreiz / TourKon: Studenten lernen auf Schiff

Das Reiseradio hat sich ja auch in den letzten Tagen das zweifelhafte Vergnügen gegönnt, beim Suchen in der Koalitionsvereinbarung irgendwas zu finden, das zumindest die Hoffnung nährt, der Tourismus würde in den kommenden vier Jahren ernster genommen in der Politik. Und eigentlich wollte ich meinen ganzen Ärger in die Anmoderation zu dieser 152. Ausgabe von „Was mit Reisen“ packen. Logisch. Aber dann dachte ich mir, warum etwas wiederholen, was mein lieber Kollege Karl Born in seinen „Bissigen Bemerkungen“ – wenn Sie sie noch nicht gelesen haben: auf meiner Website gibt es einen Link dahin – schon wunderbar auf den Punkt gebracht hat? Ich kann die Philippika nur uneingeschränkt unterstützen. Es ist eine Frechheit, und ich hoffe, dass es heute am Erscheinungstag dieses Reiseradios, beim Tourismusgipfel im Adlon auch vom BTW deutliche Worte gibt und kein weichgespültes Anzugträger-Gesäusel. Na ja, wünschen darf man sich ja viel..
In diesem Magazin betreiben wir daher lieber zum einen ein bisschen Nachlese von der DRV Tagung und werfen aber auch einen Blick auf die Touristiker von morgen.
Norbert Fiebig, der CEO der DER Touristik, war ja eingeladen in Salzburg, den Branchentreff mit einer Keynote zu beginnen. Wohin muss der Veranstalter-Tourismus sich bewegen, wo seine Kunden finden in Zukunft, und mit welchen Argumenten werben um Vertrauen und Mehrwert? Da gab es viele bemerkenswerte und selbstkritische Ansätze. Mehr als einen Grund zumindest für ein nachfassendes Gespräch mit dem REWE Manager über gute Kaufmanns-Sitten, Vertrauen, Sicherheit und den sich ändernden Vertrieb, der die Reisebüros zwingen wird, ihre Rolle völlig neu zu definieren. Das Interview mit Norbert Fiebig gleich im Reiseradio.
Wir wollen an dieser Stelle jetzt auch nicht weiter Salz in die DRV-Wunden streuen, warum rückblickend die Programmplanung von Salzburg etwas gewöhnungsbedürftig war und aus welchem Etat – nämlich nicht dem Salzburger – die Einladung schliesslich finanziert werden musste. Konzentrieren wir uns lieber auf den gar nicht so schlechten Nebeneffekt: wenn schon die Umweltpolitik alimentieren musste, dann sollte auch das Thema Nachhaltigkeit einen Schwerpunkt bilden beim Treff der Urlaubsmacher. Im Reiseradio deshalb gleich ein Interview mit Leo Bauernberger, dem Chef vom Salzburger Land Tourismus, darüber, wie man Nachhaltigkeit zu einer Win-Win-Situation für die Heile-Welt-suchenden Gäste, die die Region beherrschenden Bauern und die bereiste Bevölkerung ausgestalten kann.
Eigentlich ist die touristische Branche ja ein Selbstläufer. Mal abgesehen von regionalen oder temporären Krisen verkauft sie etwas, das zumindest theoretisch nur positiv belegt ist: die angeblich „schönsten Tage des Jahres“… Ein sinnliches Produkt, bei dem man denken könnte, das sei doch einigermaßen immun gegen die Grabbeltisch-Mentalität. Mitnichten, wie wir alle wissen. Dafür verantwortlich ist ein kleines Stückchen Gehirn, das sich Limbisches System nennt. Billig gleich Kaufanreiz. Wie man es nun schaffen könnte, das „billig“ durch „attraktiv“ zu ersetzen, das verriet auf der DRV-Tagung und uns gleich im Reiseradio Dr. Hans-Geog Häusel von der Gruppe Nymphenburg Consult.
Weit entfernt von den Niederungen einer Branchenpolitik dümpelten am vergangenen Wochenende etwa 170 Touristik-Studenten auf der Arsoa über den Rhein. Aber nicht auf PEP-Fahrt oder als vor-adventliche Sause, sondern quasi ohne Fluchtmöglichkeit auf schwimmenden Seminarräumen. TourKon nennt sich das Ganze. Die Studenten und vielleicht Manager von morgen, sollen an konkreten Projekten aus der touristischen Industrie Praxisorientiertes Denken lernen. Ich habe mir das mal angeschaut und mir hinterher zwei Fragen gestellt: warum schicken eigentlich die Big Player keine Headhunter auf so ein Schiff voll engagierter Studenten? Alle schon im Weihnachtsplätzchen-Delirium? Und warum hatte ich das Gefühl, die Studenten argumentierten  schon wie Klone aus dem Management; ohne jede revolutionäre Aufmüpfigkeit? Bologna lässt grüßen? Mehr dazu im Gespräch mit der betreuenden Dozentin Nele Marisa von Bergner von der Leuphana Universität in Lüneburg.

Reiseradio 123 – ITB-Krach um Reiseverkauf: Positionen von Dr. Martin Buck (ITB) und Hans-Gustav Koch (DRV) /Essen auf Reisen: Ingrid Pernkopf – die Königin der Knödel aus Österreich / Karl Schiffner, der erste Bier-Sommelier-Weltmeister

Nach 10 Milliarden Reisenden im Jahr 2012 und der immer noch ungeschlagenen Urlaubslust der deutschen Reise-Weltmeister gilt es dieses Jahr, erneut die Bestmarke zu reißen. Wichtigster wirtschaftlicher Etappenschritt auf diesem Weg ist wieder einmal im März in Berlin die ITB – die größte Messe der Welt, wenn es um Reisen und Ferien geht. Selbst tituliert man sich gerne auch als das größte Reisebüro der Welt. Und deshalb gibt es gerade massiven Streit. Nicht etwa, weil irgendwo sonst auf dem Globus ein Messeveranstalter den Superlativ anzweifeln möchte. Es geht um den Grundgedanken eines Reisebüros. Der besteht nämlich tatsächlich darin, dem End-Kunden auch etwas zu verkaufen.

Dafür war sich die ITB bisher zu vornehm. Innerhalb der Branche wurde zwar immer schon geschachert und verhandelt, aber der Urlauber musste sich am Publikums-Wochenende mit Folklore und Faltblättern begnügen. Appetit holen ja, aber gegessen wird im Reisebüro um die Ecke.

Dieses Jahr will die Messe auch den Reiseverkauf erlauben. Wie das genau aussehen soll, weiß noch keiner, aber angeblich wollen die ITB-Manager nur den geäußerten Mehrheitswunsch der Aussteller umsetzen. Auch eine Befragung des Travel Industry Clubs brachte ein ähnliches Votum „Pro Ticketverkauf“. Lediglich der mächtige Dachverband DRV hält frontal dagegen. Hinter den Kulissen kracht es bis heute mächtig. Die Branchenvertreter befürchten einen Dammbruch, wenn es erst mal Sonderpreise gibt. Denn für Reisen gibt es immer noch eine nahezu uneingeschränkte und damit für die Branche sehr kommode Preisbindung in Deutschland.

Warum die Interessen da so aufeinanderprallen, dazu habe ich die beiden Haupt-Kontrahenten befragt: Dr. Martin Buck, den für die ITB zuständigen Messe-Manager und Hans-Gustav Koch, den DRV-Hauptgeschäftsführer. Beide, das kann ich schon jetzt verraten, haben gute Argumente für ihre Position.

Und dann gibt es in diesem Reiseradio auch noch einige verbale Kalorien zum Festtags-Ausklang. Leckeres zum Zuhören. Zwei Interviews zur akustischen Sättigung, aber gleichzeitig auch zum Appetit-Holen bei einem der nächsten Urlaube. Ort der Völlerei: Österreich. Genauer: Oberösterreich. Dort dreht sich die kulinarische Verführung vor allem um zwei Produkte: Knödel und Bier. Passen übrigens auch hervorragend zusammen. Ich traf die Knödelexpertin, Fernsehköchin und Buchautorin Ingrid Pernkopf in Gmunden am Traunsee (http://www.gruenberg.at). Sie ist die absolute Knödel-Queen des Landes. Ich hätte gefühlt nach mehreren Tagen bestimmt einige Kilo zugenommen, aber es wären die glücklichsten Kalorien-Kilo, die man sich anfuttern könnte.

Von da führte mich meine Diät-verachtende Recherche in den Böhmerwald, nach Aigen, wo der erste Bier-Sommelier-Weltmeister Karl Schiffner sein Restaurant und kleines Hotel betreibt (http://www.biergasthaus.at). Mehrere hundert Biersorten führt er im Ausschank. Das hat einen Weintrinker wie mich erst mal verunsichert, aber nach kurzer Zeit begeistert. Ein Bier-Menü zum Beispiel  dürfte so eines der Reiseerlebnisse sein, mit dem man viele Menschen auf der Suche nach dem Urlaubs-Kick begeistern könnte. Die kreativen Angebote sind es schließlich, die die Branche derzeit händeringend sucht, um Zielgruppen-spezifische Pakete zu schnüren. Ich verspreche Ihnen: trotzdem verursachen beide Gespräche kein Sättigungs-Gefühl, sondern sind einfach lecker.