Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

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Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Reiseradio 170 – Mit der TUI-App wird Urlaub peppiger / Magalog: Hybrid zwischen Papier und Netz / Neuer Airtours-Luxus: Gefühl statt Immobilie / Kroatien: endlich durchstarten

Das Reiseradio meldet sich immer noch aus Kroatien, von der Winterprogramm-Präsentation der TUI. Nun bekam das Drehbuch, wie Sie als Touristiker natürlich schon wissen, am Freitag seinen unerwartet ersten Plotpoint. Zur Erklärung: In einem Movie-Skript ist das die Stelle, nach Hollywood-Regeln meistens nach einem Drittel der Filmzeit, wo etwas Dramatisches passiert, das der gesamten Handlung eine völlig neue Wendung gibt. In diesem touristischen Dramolette hieß die Textzeile „TUI is coming home“, oder, etwas pointierter formuliert und auf der Insel sicher für Zornesfalten gut: Die AG schluckt wieder die plc. Das bedeutete für die Pressestelle der GmbH, erst mal Teile der Medien-Unterlagen schreddern und alles entfernen, was irgendwie nach Zahlen, Prognosen oder Pegelständen aussah. Präsentationen umbasteln, und das aus den Reden zu eliminieren, was Journalisten dummerweise interessiert, und was schon in den letzten Jahren eh – angeblich wegen des britischen Aktienrechts – nur noch in homöopathischen Dosen vermittelt wurde: Fakten, Fakten, Fakten, und immer an den Leser denken. London wäre es sogar am liebsten gewesen, die deutschen Journalisten hätten sich verpflichten lassen, sich wegen des sensiblen Merging-Verfahrens jeglichen Kommentars und Prognose zu enthalten. Ätsch, machen wir aber nicht. Also hier meine Einschätzung als langjähriger Beobachter: Der größte Fehler der deutschen TUI, sich 2007 nach dem Kauf der kleinen First Choice davon überzeugen zu lassen, dass es sinnvoller sei, wenn der Schwanz künftig mit dem Hund wedelt, und nicht umgekehrt, wird nun endlich rückabgewickelt. Die Aktionäre der deutschen AG hat es viel Geld gekostet, die Mitarbeiter in Hannover, deren Erfolg im Markt den Laden jahrelang zusammengehalten hat, viel Nerven. Das britische Pokern ging dabei nach EU-Vorbild übrigens bis zur letzten Minute weiter. Peter Long, der sich selbst so fühlende Fritz Joussen der Insel, ließ sich die finale Zustimmung royal vergolden. Gleichberechtigter Vorstandsvorsitzender und ab 2016 dann Aufsichtsratschef. Also Boss von Fritz Joussen und damit derjenige, der maßgeblichen Einfluss hat, ob dessen Vertrag verlängert wird. Diese Kröte muss man erst mal schlucken. Die Börsen waren jedenfalls entzückt. Kursprünge bis über 5 Prozent. Und das trotz Zahlen für die laufende Saison, die, wenn sie denn erzählt hätten werden dürfen (müssen) hier in Kroatien, das wahrscheinlich nicht ausgelöst hätten. Deshalb sahen die Journalisten denn auch überwiegend entspannte TUI-Manager beim abendlichen Empfang auf dem Rasen des Falkensteiner Hotels. Und nicht nur der perfekte Sonnenuntergang tauchte alles in ein goldenes Licht. Just zur selben Zeit dürften viel mehr Londoner Touristiker etwas trübe in ihr schales After Work Beer geschaut haben. Denn analog zu Thomas Cook, wo Peter Fankhauser in den letzten Monaten konsequent Sachverstand vom Kontinent in die marode Londoner Konzernzentrale geholt hat, wird es voraussichtlich auch bei der TUI nun ein Roll-Back der Kompetenz nach Hannover geben. Ein Beispiel, und eines der wenigen Dinge, die noch auf der Pressekonferenz vermittelt wurden, ist die wiederentdeckte Tugend „Service, Service, Service – und immer an den Kunden denken“. Eine internationale Task Force unter der Leitung des Hannoveraner COO Dr. Oliver Dörschuck soll die Customer-Journey optimieren. Zu Deutsch: der Gast soll mehr Wohlfühlmomente bekommen von der Buchung bis zur Heimkehr. Und Dienste genießen, die früher in der analogen, vor-Cloud und Vor-App-Welt kaum realisierbar gewesen wären. Was man sich darunter vorstellen kann, dazu erste Hinweise gleich von Oliver Dörschuck. Apropos Internet und Kunden-Ansprache. Auch da will TUI zusammenführen, was mittlerweile im Lifestyle vieler zusammengehört: gedrucktes Katalogpapier und multimediale Website. Geredet wird schon seit langem darüber, nun gibt es erste Beispiele für Magaloge, die emotional mehr sind, als Immobilienkataloge mit gruseligem Design, und die parallel im Netz mit visuellen Inspirationen noch weiter aufgeladen werden können. Im Butter-und-Brot-Geschäft versucht sich die TUI mit den Beach-Welten und den exotischen Rundreisen als gefühliger Verführer. Bei Airtours muss es natürlich luxuriöser sein: da darf man im Top-Produkt für die Viel-Besser-Verdienenden, dem neuen „Finest“ Coffetable-Reisebuch, auch mal die Internet-Dimension genießen. Stefanie Schulze zur Wiesch und Stefan Krämer sind gleich unsere akustischen Reiseführer in digitale Welten. Und in die ganz stoffliche kroatische Ferienwelt versucht uns gleich zu entführen der Mitgastgeber der Veranstaltung, Mato Radic von der Kroatischen Zentrale für Tourismus. Die dalmatische Küste mit ihrem beeindruckenden Hinterland hat das Zeug, zum neuen Trendziel des Mittelmeers zu werden. Wenn es denn jetzt endlich losgeht mit dem schon Jahre erhofften Ausbau der Infrastruktur. Mehr dazu gleich im Gespräch.

Reiseradio 169 – Surprice-Hotels: Billiger durch Blind Booking / Adamare Singlereisen: Allein mit Lust / Aida: Bühnenleben eines Conférenciers

Das Reiseradio hat sich diese Woche klammheimlich darüber amüsiert, dass die Halbwertzeit der geheimnisvollen Ankündigung von Noch-TUI-Cruises Chef Richard Vogel bei der Taufe der Mein Schiff 3, zu gegebener Zeit würde vielleicht in einigen Wochen schon noch bekanntgegeben, wer ihm auf die Kommandobrücke nachfolge und wohin es ihn persönlich zieht, letztendlich nur wenige Stunden beziehungsweise Tage betrug. Dann meldete bereits die Fachpresse Ross und Reiter und neues Gestüt.
Merke: wenn Dinge feststehen, dann raus damit, wenn man die Informationshoheit behalten will. In der notorisch quassellustigen touristischen Branche halten Geheimnisse nur bis zum zweiten Champagnerglas. Dass Wybcke Meier ihm persönlich folgt, hatten wir schon in der letzten Sendung berichtet. Eine glänzende Wahl, denn das emotional aufgeladene Produkt bekommt hier eine stimmige Markenbotschafterin, die gut verkaufen kann, wie sie schon an unterschiedlichster Stelle bewies.
Auch das Engagement von Richard Vogel bei der Deutschen See-Reederei, die nur noch an Land tätig ist, bei seinem alten Weggefährten Konsul Rahe, zeigt, wie wundersam sich passende touristische Kreise immer wieder fügen. Für A-rosa und aja-Hotels wird die Personalie einen Schub geben, die Immobilien noch zeitgemäßer mit soft skills zu veredeln.
Also alle happy? Nun ja, der reiselustigste Bankier Deutschlands, Wolfgang Altmüller, bekam für Wybcke Meier auf dem Transfermarkt sicherlich eine nette Entschädigungssumme von der TUI, aber muss nun Posten besetzen; unter anderem beim Luxusreiseveranstalter Windrose. Ein Schelm, wer vermutet, die nächste Chefin in Berlin könnte einen Doppelnamen haben und sich mit hochpreisigstem Reisen perfekt auskennen… Womit sich wieder Kreise schließen würden. Das muntere Personenraten bleibt also unterhaltsam.
Schiff ist übrigens auch in dieser Reiseradio-Sendung wieder ein Thema: ausgleichende Gerechtigkeit – dieses Mal geht es auf die AIDA. Bei einem Besuch auf dem neuesten Schiff der Flotte, der Stella, habe ich mich mal um einen Bereich gekümmert, in dem AIDA für den deutschsprachigen Markt ein Alleinstellungsmerkmal hat: kein anderes Unternehmen investiert so viel Kreativität und Manpower in den Bereich Abendunterhaltung. Im eigenen Entertainment-Haus auf St. Pauli entstehen, immer noch künstlerisch beratend durch Corny Littmann vom Schmidts Tivoli Theater, Showproduktionen, die die Mitbewerber blass aussehen lassen. Allein im letzten Jahr gab es 17 Premieren. Die 10 Schiffe der Flotte sind hungrig nach Unterhaltung. 46 Stunden Showbusiness sind es, die 700 Artisten und Mitarbeiter für bis zu 18.000 Zuschauer aufführen – jeden einzelnen Tag! AIDA hat sich damit fast unbeachtet zu einem der größten Entertainment-Produzenten in Deutschland gemausert. Ich sprach mit einem der 700, dem Conférencier Tom Ahrendt, über den hochwertigen Tingel-Tangel. Seine Aufgabe ist kompliziert: er muss die Passagiere animieren, im zentralen come & go Theatrium in der Mitte des Schiffs zu verweilen; quasi Menschenfänger spielen, wie früher auf dem Jahrmarkt. Interessante Erkenntnisse. Und weil „Was mit Reisen“ ja multimedial ist, können Sie auch einen dazu passenden Film auf der Website neben dem Interview finden. Was passiert, wenn neue Artisten an Bord kommen?
So unterhaltsam auch ein AIDA Schiff sein mag – für Singles ist es nicht die Erste Wahl. Aus einem einfachen Grund: Einzelkabinen sind für die meisten Interessenten zu teuer. Auch die naheliegende Idee der angeblich so hyper-kommunikativen Ferienclubs an Land kann schnell zu Frust führen. Glücklich an solchen Orten sind nur Naturen, die von sich aus die Fähigkeit haben, sehr aktiv auf andere Gäste oder Gruppen zuzugehen. Etwas Introvertierte fühlen sich in Ferienclub ziemlich einsam. Diese Marktlücke hat Adamare Singlereisen entdeckt. Seit sechs Jahren veranstaltet man schon sehr erfolgreich Gruppenreisen für „Menschen ohne Partner“. Der Begriff hört sich vielleicht etwas verschwurbelt an, aber ist sehr trennscharf. Denn man will nur echte Singles dabei haben, obwohl man sich bei Adamare nicht als Partnervermittlung sieht. Deshalb sollte da keine Bessere Hälfte, von der man mal eine kleine Auszeit nehmen wollte, zu Hause warten. Man weiss ja nie… Wie das Konzept funktioniert, darüber unterhalte ich mich mit Geschäftsführer Steffen Butzko.
Und wir kümmern uns im Reiseradio wieder einmal um eines der sympathischen Start-Ups der virtuellen Reisebranche. Heute geht es um Surprice-Hotels. Surprice mit „c“ geschrieben. Denn die Hotels, die dort gelistet sind, sollen nicht nur überraschen, sondern auch durch treffliche Preis-Abschläge erfreuen. Clou: Auf der Website sieht man nur Bilder, Hotelbeschreibung und Lageplan, aber nicht, um welches Hotel es sich tatsächlich handelt. Den Namen erfährt man erst nach der Buchung. Blind Booking nennt man so etwas. Und es scheint ein durchaus interessanter Markt zu sein; auch für Hoteliers, die nicht wollen, dass supergünstige Preise in irgendwelchen Systemen gelistet werden. Wie das Modell funktioniert, darüber unterhalte ich mich mit dem CEO von Surprice Hotels, Christian Riesenberger.