Touristik Talk

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Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Reiseradio – Sendung 215

  • BTW: 2016 kein Schicksalsjahr
  • Mit der Nordstjernen ins Eis
  • Bag-Tag: Kofferanhänger 2.0

In dieser Ausgabe 215 von „Was mit Reisen“, Ihrem Profi-Podcast für die Touristiker, versuchen  wir zum Start mal den Blick auf das Große, Ganze. Ist 2016 tatsächlich so ein Schicksalsjahr für die Reisebranche, wie Skeptiker seit Monaten argwöhnen? Hat die diffuse Angst vor Terror und das Unwohlsein mit gesellschaftlich radikalen Entwicklungen, wie in der Türkei, wirklich dazu geführt, dass trotz wirtschaftlich guter Lage bei uns, die Menschen nicht mehr so viel verreisen? Die Zahlen der Veranstalter lassen diesen Schluss ja zu, denn rosig sieht es bei keinem aus. Was übrigens nicht daran liegt, dass bei irgendeinem im Management schlecht gearbeitet wurde. Manchmal ist es halt so, shit happens.

Aber wenn man mal über den Tellerrand des Veranstalter-Reisens hinausblickt, etwas, was der Präsident des Bundesverbandes der Tourismuswirtschaft, Michael Frenzel, schon quasi qua Amt tun muss, dann sieht es eigentlich gar nicht so dramatisch aus mit der Reiselust. Das versucht er gleich im Gespräch mit mir zu untermauern – auch seinen verhaltenen Optimismus, was die zur Zeit größte Baustelle der politischen Regulierung angeht: die neue Pauschalreiserichtlinie.

In Zeiten des Kreuzfahrtbooms schauen wir in dieser Sendung mal auf ein Nischenprodukt. Die Fahrt auf einem 60 Jahre alten Postschiff mit – nach heutiger Sicht – nahezu null Schiffskomfort, aber dafür Cinemascope rund um die Reling. Ich war mit der alten Nordstjernen, die wieder für Hurtigruten fährt, vor Spitzbergen unterwegs. Daraus ist ein schöner Film entstanden, den Sie auf der Webseite dieser Ausgabe des Reiseradios anschauen können, und ein launiges Interview mit dem Menschen, der auf klassischen Schiffen Kreuzfahrt-Direktor heissen würde, sich hier aber Expeditionsleiter nennt. Heiko Kuehr und sein Team schaffen täglich die Erlebnisse, die so eine Fahrt in den ganz hohen Norden auszeichnen. Wo die unwirtliche Natur einen wieder ganz klein werden lässt, und wo man ein Schiff wieder als Schiff spürt, und nicht als komfortablen Schuhkarton auf dem Wasser.

Angesichts der vielen Millionen Koffer, die jeden Tag rund um die Welt fliegen, ist die Zahl der Gepäckstücke, die erst verspätet oder gar nicht ihren Eigentümer am Zielort erreichen, sehr gering. Und trotzdem kennt jeder das Gefühl des bangen Wartens am Band im Ankunftsbereich des Flughafens. Vor allem, wenn die tapfere Zahl der Fluggäste immer kleiner wird und das Karussell immer weniger Koffer ausspuckt.

An diesem Gefühl wird sich zwar auch nichts ändern, wenn man ein kleines Gadget benutzt, das man jetzt für wenige Euro erwerben kann – den Bag-Tag. Aber die Chance soll höher sein, dass man sein Reiseschätzchen schneller nachgelierfert bekommt. Es ist quasi ein elektronischer Kofferanhänger mit QR-Code und auch mit eingebautem NFC-Chip, den man vor der Reise mit allen wichtigen Informationen füttert. Diese sollen die Gepäck-Heinzelmänchen mit jedem Smartphone auslesen können als Basisinformation, wohin der Koffer schnellstmöglich gehört. Das klingt zwar gut, aber lässt natürlich viele Fragen entstehen, über die ich mich mit Isabelle Gernand von Bag-Tap unterhalte.

Bag-Tag: Kofferanhänger 2.0

Reiseradio-Gespräch mit Isabelle Gernand

Seitdem wir fliegen, vertrauen wir unser Gepäck einer kleinen Banderole aus Papier an. Darauf stehen alle Informationen, die hoffentlich dazu führen, dass Gepäck und Inhaber gemeinsam reisen und am Ziel auch wieder zueinander finden. Praktisch, billig, gut. Auch wenn man manchmal verzweifeln möchte, die fest verklebten Papierstreifen am Griff wieder auseinander zuseln zu müssen ohne Schere. (mehr …)

Reiseradio 170 – Mit der TUI-App wird Urlaub peppiger / Magalog: Hybrid zwischen Papier und Netz / Neuer Airtours-Luxus: Gefühl statt Immobilie / Kroatien: endlich durchstarten

Das Reiseradio meldet sich immer noch aus Kroatien, von der Winterprogramm-Präsentation der TUI. Nun bekam das Drehbuch, wie Sie als Touristiker natürlich schon wissen, am Freitag seinen unerwartet ersten Plotpoint. Zur Erklärung: In einem Movie-Skript ist das die Stelle, nach Hollywood-Regeln meistens nach einem Drittel der Filmzeit, wo etwas Dramatisches passiert, das der gesamten Handlung eine völlig neue Wendung gibt. In diesem touristischen Dramolette hieß die Textzeile „TUI is coming home“, oder, etwas pointierter formuliert und auf der Insel sicher für Zornesfalten gut: Die AG schluckt wieder die plc. Das bedeutete für die Pressestelle der GmbH, erst mal Teile der Medien-Unterlagen schreddern und alles entfernen, was irgendwie nach Zahlen, Prognosen oder Pegelständen aussah. Präsentationen umbasteln, und das aus den Reden zu eliminieren, was Journalisten dummerweise interessiert, und was schon in den letzten Jahren eh – angeblich wegen des britischen Aktienrechts – nur noch in homöopathischen Dosen vermittelt wurde: Fakten, Fakten, Fakten, und immer an den Leser denken. London wäre es sogar am liebsten gewesen, die deutschen Journalisten hätten sich verpflichten lassen, sich wegen des sensiblen Merging-Verfahrens jeglichen Kommentars und Prognose zu enthalten. Ätsch, machen wir aber nicht. Also hier meine Einschätzung als langjähriger Beobachter: Der größte Fehler der deutschen TUI, sich 2007 nach dem Kauf der kleinen First Choice davon überzeugen zu lassen, dass es sinnvoller sei, wenn der Schwanz künftig mit dem Hund wedelt, und nicht umgekehrt, wird nun endlich rückabgewickelt. Die Aktionäre der deutschen AG hat es viel Geld gekostet, die Mitarbeiter in Hannover, deren Erfolg im Markt den Laden jahrelang zusammengehalten hat, viel Nerven. Das britische Pokern ging dabei nach EU-Vorbild übrigens bis zur letzten Minute weiter. Peter Long, der sich selbst so fühlende Fritz Joussen der Insel, ließ sich die finale Zustimmung royal vergolden. Gleichberechtigter Vorstandsvorsitzender und ab 2016 dann Aufsichtsratschef. Also Boss von Fritz Joussen und damit derjenige, der maßgeblichen Einfluss hat, ob dessen Vertrag verlängert wird. Diese Kröte muss man erst mal schlucken. Die Börsen waren jedenfalls entzückt. Kursprünge bis über 5 Prozent. Und das trotz Zahlen für die laufende Saison, die, wenn sie denn erzählt hätten werden dürfen (müssen) hier in Kroatien, das wahrscheinlich nicht ausgelöst hätten. Deshalb sahen die Journalisten denn auch überwiegend entspannte TUI-Manager beim abendlichen Empfang auf dem Rasen des Falkensteiner Hotels. Und nicht nur der perfekte Sonnenuntergang tauchte alles in ein goldenes Licht. Just zur selben Zeit dürften viel mehr Londoner Touristiker etwas trübe in ihr schales After Work Beer geschaut haben. Denn analog zu Thomas Cook, wo Peter Fankhauser in den letzten Monaten konsequent Sachverstand vom Kontinent in die marode Londoner Konzernzentrale geholt hat, wird es voraussichtlich auch bei der TUI nun ein Roll-Back der Kompetenz nach Hannover geben. Ein Beispiel, und eines der wenigen Dinge, die noch auf der Pressekonferenz vermittelt wurden, ist die wiederentdeckte Tugend „Service, Service, Service – und immer an den Kunden denken“. Eine internationale Task Force unter der Leitung des Hannoveraner COO Dr. Oliver Dörschuck soll die Customer-Journey optimieren. Zu Deutsch: der Gast soll mehr Wohlfühlmomente bekommen von der Buchung bis zur Heimkehr. Und Dienste genießen, die früher in der analogen, vor-Cloud und Vor-App-Welt kaum realisierbar gewesen wären. Was man sich darunter vorstellen kann, dazu erste Hinweise gleich von Oliver Dörschuck. Apropos Internet und Kunden-Ansprache. Auch da will TUI zusammenführen, was mittlerweile im Lifestyle vieler zusammengehört: gedrucktes Katalogpapier und multimediale Website. Geredet wird schon seit langem darüber, nun gibt es erste Beispiele für Magaloge, die emotional mehr sind, als Immobilienkataloge mit gruseligem Design, und die parallel im Netz mit visuellen Inspirationen noch weiter aufgeladen werden können. Im Butter-und-Brot-Geschäft versucht sich die TUI mit den Beach-Welten und den exotischen Rundreisen als gefühliger Verführer. Bei Airtours muss es natürlich luxuriöser sein: da darf man im Top-Produkt für die Viel-Besser-Verdienenden, dem neuen „Finest“ Coffetable-Reisebuch, auch mal die Internet-Dimension genießen. Stefanie Schulze zur Wiesch und Stefan Krämer sind gleich unsere akustischen Reiseführer in digitale Welten. Und in die ganz stoffliche kroatische Ferienwelt versucht uns gleich zu entführen der Mitgastgeber der Veranstaltung, Mato Radic von der Kroatischen Zentrale für Tourismus. Die dalmatische Küste mit ihrem beeindruckenden Hinterland hat das Zeug, zum neuen Trendziel des Mittelmeers zu werden. Wenn es denn jetzt endlich losgeht mit dem schon Jahre erhofften Ausbau der Infrastruktur. Mehr dazu gleich im Gespräch.