Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

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Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Reiseradio – Sendung 220

  • Veranstalter: 100 Jahre DER
  • Ziel: USA bald wie die Türkei?
  • Tipp: Madeira wandelt sich
  • Erinnerung: Rolf Nöckels Glück

Heute gibt es ein interessantes Hintergrundgespräch mit René Herzog, dem CEO der DerTouristik. Das DER feiert in diesem Jahr sein 100. Jubiläum. Ein wunderbarer Anlass für ein Nachdenken über die Rolle eines Veranstalters und des Stationären Vertriebs im Verlaufe der Zeit. Und man erkennt, die generellen Motive haben sich gar nicht so sehr verändert, sich bei der Reisebuchung weiter auf den traditionellen Wegen zu befinden: das sich Kümmern und die fachkundige Beratung. Immer noch sind sie so wertvoll, trotz all der neuen Buchungswege.

Aber egal, wie die Buchungen letztendlich zustandekommen. Bei der DerTouristik gibt es ähnliche optimistische Zeichen, wie bei allen anderen Veranstaltern. Im Januar wurde viel mehr Geschäft gemacht, als man zu hoffen gewagt hat angesichts der politisch verunsichernden Umstände in der Welt.

Gut, die Veranstalter haben sich der normativen Kraft des Faktischen gebeugt: auf die Türkei möchte niemand mehr setzen. Das Land wird wegen seines unsympathisch agierenden Präsidenten auch 2017 allenfalls ein Ziel für Schnäppchenjäger, denen die Welt jenseits der schönen Hotelanlage egal ist. Hauptsache, All Inklusive funktioniert. Wovon man bei den herzlichen türkischen Gastgebern wohl ausgehen kann.

Ansonsten erlebt Griechenland seine Renaissance, Bulgarien als Billigziel, Spanien bleibt der Renner, und auch Portugal und Italien werden neben den erdgebundenen Zielen sehr stark nachgefragt.

Bei Matthias Rotter, dem Geschäftsführer der Frankfurter DerTouristik, habe ich nachgefragt, ob der Einbruch bei den Türkeibuchungen der Vorgeschmack ist von dem, was uns für die Destination USA erwartet. Beide Länder, oder besser gesagt, beide Regierungschefs, produzieren derzeit nur Negativnachrichten und schlechte Gefühle. Das müsste doch Auswirkungen haben bei einer Entscheidung für das Urlaubsziel.

Noch erleben die Veranstalter allerdings bei den USA eine verzögerte Reaktion der Gäste. Wie Brecht schon wusste: erst kommt das Fressen, dann die Moral. Der Dollar ist für Reisende derzeit sehr ungünstig. Und tatsächlich: wer jetzt nach Amerika will, kommt an einer Veranstalterbuchung fast nicht vorbei: Hotels, Rundreisen, Mietwagen: alles wegen des guten Einkaufs günstiger, als bei jeder Internetbuchung.  (mehr …)

Veranstalter: 100 Jahre DER

Reiseradio-Gespräch mit René Herzog

Momentan läuft es gut für die Veranstalter, die nach dem herausfordernden 2016 nun verhalten optimistisch sind, dass sie die nicht abflauende Urlaubslust der Deutschen auch durch eine Neujustierung der Zielgebiete befriedigen können. Prognosen bleiben natürlich auf einem dünnen Eis. Denn die Sicherheitslage bleibt die große Unbekannte. Auch bei der DerTouristik ist man mit den Buchungseingängen mehr als zufrieden. Vor allem, weil auch die Computerprogramme jetzt wieder rund laufen und die Reisewünsche der Kunden in konkrete Verträge umgewandelt werden können.

Dieses Jahr soll für den Köln-Frankfurter Veranstalter mit dem roten Koffergriff unbedingt ein gutes werden. (mehr …)

Reiseradio 151 – Böse Gerüchte um FTI / Büchy kraftvoll wiedergewählt beim DRV / DERTouristik Köln: Hurra zur Klassik / DERTouristik Frankfurt: Ja zum Reisebüro

Wow!, da haben wir ja mal wieder ne DRV Tagung erlebt, die neben dem gewohnt-gediegenen Staatsschauspiel auf der Bühne jede Menge Soap auf den Gängen bot. Wenn man Anhänger von Verschwörungstheorien wäre, müsste man an kunstvoll gesponnene Intrigen im Stil etwa der Borgias denken. An eine konspirativ-konzertierte Strafaktion gegenüber einem übermütigen Mitspieler. Eine feinnervig angedachte Disziplinierungsmaßnahme gewissermaßen, die allerdings irgendwann aus dem Drehbuch rutschte und eine selbstverzehrende Eigendynamik entwickelte, die auch keinen Cliffhanger mehr zuließ für eine nächste Episode. Alle hockten da am letzten Abend, etwas ermattet, bei den Klängen der wunderbaren Salzburger Philharmoniker; bezeichnenderweise beim Soundtrack „Piraten der Karibik“…

Aber der Reihe nach. Im ersten Akt wurde FTI gleich mal wegen ihres Ausscherens in der Ägypten-Frage schon in der ersten Stunde des Kongresses coram publico zweimal in die Schäm-Ecke geschickt; von wegen mangelnder Solidarität mit der Branche. Da sah man in der Kaffeepause bereits bei Gunz, Schiller und Co erstaunlich verkniffene Minen und trotzige Unterlippen, weil der DRV und die Wettbewerber nicht etwa den Mut fanden, rückblickend auf der Bühne die eigene, etwas unglückliche Rolle beim Polittheater des Auswärtigen Amtes zu hinterfragen, sondern lieber Geschlossenheit und Gehorsam einforderten. Eine Petitesse, wollte man da noch denken, lösbar bei einem Bier am Abend.

Aber Vorhang auf zum zweiten Akt am nächsten Morgen. Eine Räuberpistole im Handelsblatt. Gerüchteweise solle sich FTI in finanzieller Schieflage befinden. Dieses Gerücht wurde zwar noch innerhalb desselben Artikels (!) faktisch widerlegt – und das alleine ist schon journalistisch bemerkenswert und berufsethisch verhaltensauffällig – aber die Schnurre erzielte den gewünschten Explosionseffekt. Schließlich wurden Fachjournalisten schon seit Wochen aus den Reihen der Marktteilnehmer hinter vorgehaltener Hand mit äußerst vagen Andeutungen gefüttert. Parallel gab es mal wieder eine der mittlerweile schnell entstehenden Erregungsspiralen im Stationären Vertrieb. Da mutierten bei Facebook und Co unternehmerisch durchaus legitime Umsteuerungs-Anweisungen des Marktführers aus Hannover auf eigene Reise-Produkte im Stille-Post-Prinzip zu vorgeblich fürsorglichen Warnungen, lieber nicht Kunden bei den Münchenern einzubuchen. Man wisse ja nicht, wie da die Entwicklung weitergehe… Déjà Vu 2012, Thomas Cook. Derselbe Autor, dieselbe Zeitung. Manche dachten auch sofort: dieselben Gerüchte-Durchlauferhitzer…?

Nun waren die Minen bei FTI nicht mehr nur genervt, wie sich die Hörer des Reiseradios nur allzu gut vorstellen können. Verschränkte Arme, rote Köpfe und ernste Gespräche in den Gängen, während auf der eigentlichen Bühne das ehrbare Thema Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung versuchte, Aufmerksamkeit zu erhaschen.

Glück im Unglück für FTI, dass der Artikel während der DRV-Tagung erschien. Schlechtes Timing, wenn man argwöhnen wollte, da sollte im Hintergrund ein böses Spiel inszeniert werden. Denn, da alle vermuteten Akteure an einem Ort zusammenhockten, konnte der Blindgänger kontrolliert entschärft werden.

Was bleibt nun übrig von all der künstlichen Aufregung? Für mich ein neues Gefühl für die Branche, die auf einmal so erscheint, wie die Musterfamilie in der gruselig-akkuraten Vorgarten-Siedlung, deren menschliche Abgründe und Verwerfungen aber hinter der heilen Fassade der sonnigen Lebensfreude, für die man steht, für einiges Erschrecken sorgen. Vorhang. Die Staatsschauspieler, denn alle Achtung, das müssten sie sein, wenn all ihre Empörung nur gespielt gewesen wäre, verbeugen sich in der Festspielstadt.

Zum Mithören im Reiseradio: Ralph Schiller von FTI über Krise und Kollegialität. Jürgen Büchy, übrigens mit geradezu sozialistischem Ergebnis von 99,68 Prozent wiedergewählter DRV-Präsident, über seinen Konflikt zwischen Dirigent und Dompteur. Und natürlich auch, aus Gründen der Dokumentation und der Dichte an interessanten Themen, noch die Nachlese aus der Sommerprogramm-Präsentation der DER Touristik mit Sören Hartmann und Michael Frese.

Reiseradio 135 – Wöhrl kritisiert Lufthansa-Sparkurs zu Lasten der Passagiere / BDL Imagefilm zum Traum vom Fliegen / TIC will Lobby-Schnellboot sein / Asisis Mauer-Panorama in Berlin

Das Reiseradio begibt sich in dieser Sendung mal ein bisschen auf Traumreise… Viele Reisen werden ja auch erst im Kopf vollkommen, in der Phantasie. Da geht es dann nicht so sehr um Destinationen, um die konkreten Ziele einer Fahrt, sondern um den Weg dahin; und wenn er „nur“ zu sich selbst führt.

Davon profitiert die Reiseindustrie natürlich im Sympathiewert, dass sie eher mit lustvollen Gefühlen verbunden ist – und nicht, dass das Unterwegs-sein immer noch als latente Gefahr gesehen wird. Als eine permanente Unsicherheit fern der geschützten Heimat. Aber es ist auch gleichzeitig ihr Fluch. Denn trotz der wirtschaftlichen Bedeutung, die viel höher ist, auch in Deutschland, als die klassische Schwerindustrie, haftet ihr der Ruf des etwas Flatterhaften, nicht so Seriösen, des nicht unbedingt Erforderlichen an. Für Politiker ist die Branche jedenfalls kein Feld, für das man sich kämpfend ins Zeug legt.

Gerade am Beispiel Flugverkehr lässt sich die Berührungsangst besonders gut festmachen. Da mag der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, der gute Ernst Burgbacher, ein noch so verständnisvoller Zuhörer sein. Sein Chef, der Wirtschaftsminister, FDP-Vorsitzender Rösler, hat ganz aktuell wieder deutlich gemacht, dass er von Tourismus und seinen Rahmenbedingungen keine Ahnung hat; sie auch gar nicht haben will. Hauptsache, seine Frau bucht verlässlich den alljährlichen Urlaub und der Steuerzahler finanziert seine Dienstreisen. Es ist unglaublich: Noch nicht mal der für den Tourismus zuständige Fachminister setzt sich mehr für die Abschaffung der Luftverkehrssteuer ein, für das Ende der Ungleichbehandlung bei der Emissionsabgabe, für konkurrenzfähige Flugpläne auf deutschen Drehkreuzen und eine Infrastruktur, die dem Reiseweltmeister Deutschland würdig wäre. Aus der Traum.

Da mag der BDL noch so sehr den Schulterschluss suchen mit Industrie und Gewerkschaften; der frühere Duft der weiten Welt riecht mittlerweile so ranzig, wie der gesamte Berliner Politkbetrieb. Vor diesem Hintergrund wirkt die neue PR-Aktion des Bundesverbands irgendwie anrührend: Ein Imagefilm über den Traum vom Fliegen, der angeblich jung hält. Und trotzdem haben wir ihn im Reiseradio als Thema. Weil zwei junge Studenten der Filmakademie Baden Württemberg versucht haben, in 1:30 zum Kern vorzudringen, warum wir alle uns trotz allem dieser Branche verschrieben und keinen anderen Beruf gewählt haben.

Vielleicht hätten Gewerkschaftsvertreter diesen Spot auch auf sich wirken lassen sollen, bevor sie – nur als Warnung wohlbemerkt – schon mal den kompletten Flugbetrieb der Lufthansa stilllegten und wegen eines Gehaltskampfes einer partiell eher überversorgten Branche zehntausende Passagiere in Geiselhaft nahmen. Nun hat man sich Mitte dieser Woche geeinigt. Angesichts der tiefroten Quartalszahlen musste der frühere Staatsbetrieb nachgeben, um die Kunden nicht noch mehr zu verärgern. Ein großer Fehler, wie Hans Rudolf Wöhrl meint. Der Unternehmer, der bei den Fluglinien einen schillernden Ruf hat als Gründer, Käufer und erfolgreicher Verkäufer von Airlines, hätte Lufthansa-Chef Franz geraten, hart zu bleiben. Dieser hätte seinen Fokus stattdessen mehr auf den Lufthansa-Passagier richten müssen, der angesichts der – auch durch solche Tarifabschlüsse – nun noch nötiger werdenden Sparmaßnahmen von Deutschlands größer Qualitätsairline immer mehr als „selbst ladendes Frachtgut“ betrachtet wird. Wöhrl rechnet ab im Reiseradio mit dem geplanten Alptraum über den Wolken.

Ja, und wie gerade schon gesagt: Lobbyismus im Tourismus ist eine undankbare Aufgabe. Zu viele Partikular-Interessen. Wahrscheinlich auch zu viele Fachverbände, die sich nur schwer zu einem veritablen Orchester formen lassen. Da ist es mutig, wenn auch vielleicht schon etwas übermütig, dass der Travel-Industry-Club sich als vernehmbares Lobby-Schnellboot neu positionieren will. Nicht mehr nur mit Champagner-Diplomatie, sondern vermehrt durch über den Dingen schwebendes Anecken und Aufrütteln. Ich sprach mit dem einzigen „Überlebenden“ des alten Vorstandes, Dirk Bremer.

Und zum Ende des „Was mit Reisen“ dürfen sie nun wirklich das Radio zu einer Gedankenreise in die Vergangenheit nutzen. Ort ist Berlin. Da steht am quirligen und nicht sehr geschmackssicheren Checkpoint Charlie Yagedar Asisis Panometer mit einem überwältigenden Blick auf die Mauer, wie sie Ende der 8oer Jahre war. Ein fotorealistisches Mammut-Gemälde, das mehr berührt, als jeder bemalte Mauerstein, den man in der ehemals geteilten Stadt noch finden kann. Ich sprach mit dem Künstler über dieses Kopfkino, das manchmal intensiver ist, als die Realität, die man bereisen kann.