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Urlauber fremdeln in der Fremde?

Lautsprecher 208 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgEs sind unsichere Zeiten. Und das soll jetzt gar kein Alarmismus sein. Es ist lediglich eine Bestandsaufnahme in Bezug auf die touristische Industrie 2016. Nichts ist mehr so kommod, wie man sich jahrzehntelang eingerichtet hat. Das Leben der Urlaubsmanager war – von kleinen Stromschnellen mal abgesehen – immer ein langer, ruhiger Fluss. Die Deutschen fuhren in Urlaub; bevorzugt dahin, wo es schön sonnig ist. Das schien Gesetz – und gesetzt als sichere Bank. Eine geradezu weltmeisterliche Routine, wie es sich für die reisefreudigste Nation gehört.
Aber 2016 wird wohl anders. Und das hat nur bedingt etwas mit Sicherheit im anderen Wortsinn zu tun. Ja, es gibt natürlich verbreitet Unbehagen, vor allem bei Familien, und bei manchen sogar eine latente Angst vor Terror. Das sollte man auch nicht wegwischen, obwohl 14 Tage daheim in einer Metropole wie Berlin rein statistisch sicher einen höheren Gefahren-Score haben, als zwei Wochen in einer All-Inclusive Anlage an der türkischen Riviera. Das ist so, wie beim Fliegen, wo eindeutig die höchste Unfallgefahr bei jedem Flug im Taxiway vom und zum Gate besteht. Wird Ihnen jeder Pilot bestätigen. Aber was nützt es gegen ein flaues Gefühl im Magen? Angst fressen Seele auf, und vorher sowieso den Verstand.
Nein, ich glaube nicht, dass 2016 ein kaputtes Urlaubsjahr wird wegen des Terrors des IS und anderer Glaubens-Verbrecher. Aber es wird ein extrem unsicheres Jahr in Bezug auf Reiseströme und Urlaubsverhalten. Und das ist der Reiseindustrie ein fast noch größeres Gräuel. Der deutsche Tourist ist unberechenbarer geworden in seiner Zielgebiets-Auswahl. Die Sonne und Sand Routine ist weg. Früher war es immer so: Egal, was auch passiert – so lange das Hotel an einem schönen Strand liegt, das üppige Essen den heimischen Gepflogenheiten ent-, und der Breitengrad Sonnenbrand verspricht, ist es dem deutschen Volumenmarkt egal, wohin er landverschickt wird. Ich glaube, es war der Studienkreis Tourismus, der Kulturpessimisten bestätigte: der Durchschnittsurlauber rund ums Mittelmeer verlässt innerhalb eines zweiwöchigen Urlaubs genau für eineinhalb Tage sei umzäuntes Resort. Und ob da draußen eine griechische, türkische, tunesische oder ägyptische Flagge weht, ist ihm schnurzpiepegal.
Auch das hat sich geändert. Aber nicht im positiven, Entdeckungs-freudigen Sinn. Otto Normalurlauber schaut auf einmal aufs Land – und fremdelt mit der Fremde. (mehr …)

Das Traumschiff muss bleiben

Lautsprecher 179 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgMan kann in diesen Tagen etwas traurig sein über den Orkan, der gerade die MS Deutschland, das ZDF Traumschiff, durchschüttelt. Klar, es ist nur ein Nischenprodukt auf dem Kreuzfahrt-Markt. Aber eines mit hohem Symbolcharakter. Ohne die Verführung mit Hilfe von Wolfgang Rademanns Fernseh-Schmonzette würden die schwimmenden Hotels in 20 Jahren kaum einen Wachstumsboom von fast 850 Prozent erzielt haben und heute nicht über 2 Millionen Deutsche jedes Jahr an Bord gehen. Ja, ok, sie tummeln sich eher auf AIDA und Co, lieben es leger statt vertütelt und zahlen nur einen Bruchteil der sportlichen Preise, mit denen das sich selbst so sehende einzige Grand-Hotel auf See versucht, die Kabinen zu füllen.
Und ja, die Deutschland ist aus der Zeit gefallen irgendwie. Sie ist in ihrer Einrichtung so liebenswert verkitscht, dass man an manchen Orten Augenkrebs befürchten muss. Sie hat Kabinen, die so altmodisch, aber vom Material her hochwertig, eingerichtet sind, dass sie allenfalls die Senioren-Residenz von Baden-Baden kopieren, aber nun ganz und gar nicht für modernes Wohnen auf See stehen. Mit Bullaugen und ohne Balkon – der auch nicht kommen wird nach dem Werftaufenthalt. Allenfalls ein Austritt wird in die Stahlwand gefräst. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Erst recht nicht, wenn der Prospekt derzeit noch eine Preistabelle beinhaltet, dass einem die Ohren klingeln. Die hat schon fast MS-Europa-Niveau. (mehr …)