Reiseradio – Sendung 213
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- Was steckt hinter dem Urlaubsguru?
- Deutscher Reisering erfindet sich neu
- Das ganz grüne Wälderhaus Hotel
- Oberstaufen ohne Schroth und Kur
Einen Kessel Buntes haben wir heute für die Sommerausgabe des Reiseradios zusammengerührt zwischen Old School und Vision – und dabei starten wir quasi virtuell mit einem Thema, das man irgendwie als Gegenentwurf senden möchte zur schillernden Schieflage bei Unister. Diese ist nach dem dramatischen Absturz-Tod von Thomas Wagner und Oliver Schilling schneller Realität geworden, als selbst skeptische Branchenkenner orakeln konnten.
Das Geschäft von Unister und Urlaubsguru hat durchaus Parallelen. Man lockt den Kunden auf die eigene Seite und bekommt bei Vertragsabschluss Provision. So weit, so vermeintlich einfach, und doch so aufwändig. Während Unister astronomische Summen in Werbung und Google Platzierung investierte, bindet Urlaubsguru seine Millionen Fans durch die Suche nach redaktionell verifizierten Schnäppchen und einem geschickt platzierten, search-engine optimierten Lese-Content. Natürlich unterscheiden sich die Umsatzzahlen. Aber wenn man den beiden Gründern Daniel Marx und Daniel Kühn gegenübersitzt, könnte der Kontrast nicht größer sein zum flamboyanten und stets etwas halbseidenen Gehabe des Leipziger Enfant terrible des Reisevertriebs. Mit den beiden Junx aus dem Ruhrpott traf ich mich zum Gespräch in Berlin.
Der Gegenentwurf zum Modell Urlaubsguru ist sicher der Stationäre Vertrieb. Vor allem die vielen eher kleineren unabhängigen Reisebüros, die allenfalls Werbematerial von den touristischen Partnern bekommen für das Schaufenster und in alter Denke warten, bis ein Kunde durch die Tür kommt, den sie dann – hoffentlich fachkundig – beraten können. Was vor 20 Jahren vielleicht noch funktionierte, geht heute gar nicht mehr. Einzelkämpfer mit Ladenlokal sind vom Aussterben bedroht, sofern sie sich nicht in einer kleinen Produktnische perfekt eingerichtet haben. Ohne Kooperation geht es kaum noch. Der Deutsche Reisering ist eine von diesen. Kein Big Player, aber durch seine Struktur eben doch besonders. Es ist ein eingetragener Verein und damit von der Struktur her vergleichbar mit jedem Taubenzüchter-Club e.V. Der eher familiär-hemdsärmelige Umgang der Mitglieder, also der Touristiker, untereinander macht den Charme aus und ließ sich diese Woche wieder beim Sommerfest spüren. Ein sonniger Abend, aber dennoch mit Regenwolken im Kopf, wie der Leiter der Geschäftsstelle des Deutschen Reiserings, Andreas Quenstedt, gleich im Reiseradio zugibt.
Für alteingesessene Hamburger ist Wilhemsburg das, was der Berliner als JWD bezeichnen würde, janz weit draußen. Nicht unbedingt die beste Wohngegend und nach hanseatischer Betrachtung auf der falschen Seite der Elbe. Trotzdem gab es in Wilhelmsburg einen städtebaulichen Schub durch die Internationale Bau und Gartenausstellung. Und in diesem Aufbruch zu neuen Ufern entstand auch das Wälderhaus. Ein Signaturprojekt der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, um die Bedeutung eines intakten Waldes für unser Wohlbefinden pädagogisch zu vermitteln. Ein Teil des Wälderhauses ist Hotel, aber eben nicht irgend eines. Hier bot sich die Gelegenheit, Umwelt-politisch best practise zu praktizieren. Welche Chancen sich dadurch für eine wirtschaftliche Hotelführung ergeben, darüber unterhalte ich mich mit dem Direktor des Wälderhauses, Marc Dechow.
Oberstaufen. Jüngere Hörer verbinden mit dem Kurort, der sich aus Marketinggründen gar nicht als Bad bezeichnet, obwohl er es dürfte, eher die Google Streetview Aktion vor einigen Jahren: Als erster Ort, den man komplett virtuell mit dem Mauszeiger bereisen konnte in Deutschland. Medical Wellness Freunden fällt zu Oberstaufen Schroth ein, den etwas Lebenslustigeren der Kurschatten, der irgendwie seine Blütezeit dort im Allgäu gehabt haben soll. Es fällt auf jeden Fall nicht schwer, sich vorzustellen, dass bei der momentanen Deutschland-Euphorie im Reisesommer 2016 einfach ganz normale Erholungs-Suchende und Naturliebhaber Oberstaufen entdeckt haben. Und genau diese Zielgruppe möchte Heidi Thaumiller, die Chefin des Tourismusverbandes , auch gerne in der Zukunft haben, wie sie mir bei einem Treffen in Berlin versicherte.