Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

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Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Reiseradio 134 – Virtuelle Reisewege im Social Web immer wichtiger / Die Schwarm-Intelligenz von Tripadvisor / Holiday Check: Kritik als Chance nutzen / Hoteltexte: Die Last mit der Formulierungslust

Das Reiseradio überlegt gerade, ob wir hier im Programm ein bisschen den ollen römischen Senator Cato kopieren sollen, der ja jede Rede anfing mit dem berühmten „cetero censeo“ – also, „im Übrigen bin ich der Meinung“. Aber dann sage ich natürlich nicht, dass Karthago zerstört werden muss – um Himmels Willen, die Tunesier haben schon genug Probleme… – sondern reihe mich ein in die Reihe der Rufer nach dem freien Internet. „Free Wifi“ im Hotel und am Urlaubsort. Jürgen Büchy vom DRV hat diesem – nach allen Umfragen – wichtigsten Wunsch aller Reisenden unlängst auf der Tagung „Destination meets online“ auf Mallorca seinen präsidialen Segen erteilt. Aus gutem Grund. Denn nichts ärgert die Reisenden so sehr, wie die Internet-Abzocke in manchen Hotels. Und nichts wurmt die Macher von klugen Reise-Apps und die Geschäftsleute von Internet-Touristik-Unternehmen so sehr, wie die Free-Wifi-Netzlosigkeit an bevorzugten Reiseorten. Denn so lange die Mobilfunkbranche ihre Kunden mit grotesk überteuerten Roaming-Gebühren knebelt, benutzen 90 Prozent der Reisenden ihre Smartphones außerhalb der Landesgrenze eben nur noch als doofe Telefone. Und die schöne virtuelle Reisewelt voller Tipps und Gadgets funktioniert nicht mehr da, wo sie am nötigsten gebraucht würde.

Es gibt gute Argumente für den freien Internetzugang allerorten. Denn Facebook und Co zeigen es überdeutlich: das unmittelbare Erlebnis direkt mit Freunden teilen zu können, ist – sofern es sich um ein gutes Erlebnis handelt, was ja beim Urlauben nicht ganz unwahrscheinlich ist – nach übereinstimmender Meinung der Marketingexperten die effektivste Werbung, die man für sein Hotel oder seine Attraktion oder seinen Ort bekommen könnte.

Aber ich fürchte, da wird es noch viele dicke Bretter geben, die zu duchbohren sind, bevor Umsatz-geile Hoteliers und technische Neandertaler in Gemeinderäten diesen Schritt als wichtigste Investition der kommenden Jahre begreifen.

Als kleine Argumentationshilfe hat diese Ausgabe von „Was mit Reisen“ deshalb auch die virtuelle Kommunikation als Schwerpunkt. Michael Faber vom Beratungsunternehmen „Tourismuszukunft“ erläutert im Gespräch, wie wichtig es für die Reisebranche ist, ihre traditionellen Berührungsängste gegenüber all dem „neumodischen Kram“ zu verlieren. Die panische Angst der stationären Reisebüros vor der Konkurrenz aus dem Internet hat es durch die tiefe Lobby-Verwurzelung der old player bisher geschafft, dass sich eine ganze Branche nur mit schlechtem Gewissen und ganz zögerlich der neuen Lebenswirklichkeit stellt. Die altehrwürdigen Veranstalter liegen in der Kompetenz um Jahre zurück, weil jeder Internet-Versuch wie ein Pawlowscher Reflex gleich wütende Proteste des nicht-virtuellen Vertriebs auslöste. Und viele, vor allem kleinere, touristische Anbieter haben bis heute ihre Berührungsangst, weil ein effektives Mitspielen auf dem globalen Internet-Markt technisch anspruchsvoller ist, als das Basteln der eigenen Homepage. Und wir sollten auch nicht verschweigen, dass sich unter all den Web-Experten viele schwarze Schafe tummeln, die etwas naiven Kleinunternehmern viel Geld für überschaubare Effekte aus den Rippen geleiert haben. Das schreckt natürlich ab von neuen Engagements.

Das Reiseradio möchte trotzdem den Versuch unternehmen, in diesem Magazin ein paar Chancen anzusprechen, die ein Nutzen des Internets auch zu einer Win-Win-Situation machen können.

Dreh- und Angelpunkt jeder Strategie ist immer die so genannte Schwarm-Intelligenz des Netzes und die Bereitschaft vieler Nutzer, ihre Erfahrungen bereitwillig zu teilen. Davon profitieren natürliche Startseiten für die Reisevorbereitung wie Tripadvisor und Holiday Check. Beide kommen gleich zu Wort. Pia Schratzenstaller von Tripadvisor nimmt uns gleich mit in die Welt des Herrschaftswissens von 100 Millionen Bewertungen und Meinungen und Georg Ziegler von Holiday Check gibt uns ein praktisches Beispiel, wie man aus der Datenanalyse von so vielen Nutzern wunderbare Erkenntnisse bekommt nicht nur als Hotelier – nämlich, wie man sich noch mehr verbessern könnte – sondern auch als Destination – wie man die Zukunft erfolgreich planen muss. Interessante Details am Beispiel Mallorcas erwarten uns.

Aber nicht nur User füttern das Internet permanent mit Content. Gerade Hoteliers stehen vor der großen Herausforderung, auf einmal ihre Hoteltexte auf zig Plattformen und in vielen Sprachen aktuell und einladend zu gestalten. Das überfordert nicht nur Einzelunternehmen. Steffen Faradi von der Firma Pisano erläutert, wie heute ein gutes Content-Management System mit einem Computer als Text-Knecht aussehen könnte.

Das ist so etwa der Inhalt der Ausgabe 134. Und allein schon, dass Sie sie hören, ist ja Beweis genug, wie offen Sie für Neue Medien sind. Dann klappt’s auch mit dem Rest. Schön, dass Sie dabei sind.

Reiseradio 095 – Brähmigs Büro beschimpft die Branche: „Sonnenbank-gebräunte Drückerkolonne“ / Holiday Check und die Fakes / Senator Rahes neue Schnäpchen-Wellness / Südtirol ganz energetisch / Das Lebensfeuer im Kleinwalsertal

Das Reiseradio war eigentlich in wunderbarer Stimmung. Das Wetter noch bis zum Mittag frühlingshaft in Berlin, ein toller neuer Bundespräsident, der auch die Begriffe Freiheit und Reisen vielleicht irgendwann in einer schönen Rede verknüpft; aber anders als sein Vorgänger…, ja, aber dann mussten Karl Born und ich uns in die Niederungen des deutschen Abgeordneten-Wesens begeben. Brähmig und kein Ende.

Nach dem gezielten, provokanten Ägypten-Bashing kurz vor der ITB, bei dem er die volle Breitseite der Ablehnung nicht nur der touristischen Branche, sondern auch des Wirtschaftsministers zu spüren bekam, hätte man doch vermuten können, jetzt setzt beim sächsischen Elektromeister und Hobby-Tourismus-Experten ein zaghafter Denkprozess ein.

Aber mitnichten. Professor Born und ich bekamen noch tief in der Nacht eine unglaubliche Rechtfertigungsmail seines Büroleiters Strabel, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eng mit Brähmig abgestimmt war. Kernaussage: für ihn sind die Touristiker, die ihn kritisieren, lediglich „sonnenbankgebräunte Drückerkolonnen im Einreiher, die nur Reisen verkaufen wollen“. Er spricht ihnen wegen des Gewinnstrebens jede Ethik ab und rückt sie in die Nähe von Alkoholikern, weil die ITB ja bekanntlich eher eine Internationale Trinkerbörse sei.

So weit das Büro des obersten Abgeordneten-Repräsentanten dieses Landes, der den Wirtschaftszweig Tourismus fördern soll. Aber damit nicht genug. Jetzt fingen wir an, ein wenig zu recherchieren, was aus dem Hause Brähmig denn sonst noch herausgekübelt wird. Und das ist bemerkenswert. Denn neben Ägypten hatte er sich auch die Malediven vorgeknöpft. Eigentlich noch haarsträubender. Ging nur unter in dem einen Aufreger-Thema.

Und es geht noch weiter… Aber ich will jetzt zu Beginn nicht zu viel verraten. Gleich nach der Musik folgen statt des üblichen Topthemas wieder die Bissigen Bemerkungen. Danach klingen Ihnen die Ohren… Und so manche Touristiker werden laut rufen: Büchy und Laepple – übernehmen Sie!

Aber es gibt auch klassische Reisethemen in dieser Ausgabe. Zum Beispiel das Dauerthema Hotelbewertungen. Die manchmal ulkigen Ergebnisse, die bei Tests von Holiday-Check und Co auftreten. Sind sie der Beweis, dass man diese Portale nicht so ernst nehmen kann – oder nur Skurrilitäten, die sich nicht vermeiden lassen, die aber an der Wertigkeit der Aussagen nichts ändern. Ich sprach darüber mit Ulrich Cramer von Holiday-Check – gerade wieder vorgeführt von einer Verbraucher-Sendung im Fernsehen.

In den Städten sind sie quasi zum Begriff geworden für eine ganze Hotelgattung: die Motel Ones. In gewisser Weise schnörkellos gut und günstig. Aber niemand sucht so eine Herberge in einer idyllischen Ferienumgebung. Das ist eine Lücke, dachte sich Senator Horst Rahe, der bereits mit der AIDA, den Arosa-Flussschiffen und den feinen Arosa Resorts Tourismus-Geschichte geschrieben hat. Er entwickelt gerade eine neue Hotelkette namens aja. Kuschelige Wellness ab 39 Euro die Nacht. Alles nicht inklusive. Ob so ein Modulkonzept bei Ferienbuchungen aufgehen kann, darüber unterhielt ich mich mit dem Visionär und hanseatischen Kaufmann.

Nachhaltigkeit war eines der großen Themen auf der ITB. Und nun sagt sich eine ganze Region, bei der Energie und dem CO2 Stempel müssen wir in vorderster Reihe mitmarschieren. Und wir reden jetzt nicht etwa von einer kleinen Insel, wie dem Futouris-Projekt Juist. Es geht um Südtirol. Da hat man zum Glück Sonnenenergie und Wasserkraft en masse. Jetzt geht es darum, die Ressourcenschonung dem Urlauber schmackhaft zu machen, ohne ihn in seiner allzu bekannten Sorglosigkeit zu nerven. Oberster Punkt auf der Prioritätenliste ist ein ökologisches Verkehrskonzept. Ich sprach darüber mit Christoph Engel, dem Chefvermarkter des Landes.

Beim letzten Thema muss ich zugeben, dass ich vor der ITB etwas skeptisch war, als ich zur Präsentation einer Weltneuheit eingeladen war: Lebensfeuer. Und das Kleinwalsertal, allen gut bekannt, wird die erste Region weltweit, die damit dem Urlauber ungeahnte Kraftaufladung anbieten möchte. Das klang für mich leicht esoterisch, wie man das bei den naturnahen Bergbewohnern ja häufig anfindet. Aber lassen Sie sich überraschen: in diesem Konzept steckt viel medizinisch-technisches Know How und vor allem touristisches Potenzial. Der begleitende Arzt und Spiritus Rector Dr. Alfred Lohninger klärt uns auf.