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Ein Streik und seine Folgen

Lautsprecher 173 – Der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgGrob 24 Stunden, von Freitagmittag bis Samstagmittag, haben hunderttausende Menschen unterwegs wieder mal erleben müssen, dass verbohrte Kleinstgewerkschaftler sie ungerührt in Geiselhaft nahmen für ihre Interessen. „Wer nicht hören will, muss fühlen“, erdreistet sich Lokführer-Funktionär Weselsky. Und das ist der eigentliche Skandal. Nicht die Mehrkosten für die Lufthansa oder die Deutsche Bahn und ihre Töchter – und die damit einhergehende Sorge über ihre Wirtschaftlichkeit oder Reputation. Das ist zu akzeptierendes Ritual in den Tarifscharmützeln. Nein, es geht nicht um Image. Nicht um Wirtschaftswachstum und Infrastruktur und den „guten Ruf von Deutschland in der Welt“.
Das Streikrecht und die Tarifautonomie sind gesellschaftliche Errungenschaften, die, maßvoll angewandt, zum Wohle aller die Interessen immer ausgeglichen haben in Deutschland.
Aber nun erlebt die Mobilitätsbranche zum wiederholten Mal, wie Sparten-Gewerkschaftler ihren Kampf rücksichtslos auf dem Rücken völlig unbeteiligter Dritter austragen. Keiner der gestrandeten Flug-Passagiere oder Bahnreisenden oder S-Bahn-Nutzer ist Gegenspieler im Tarifstreit. Keiner muss mit sanftem Druck an den Verhandlungstisch zurückgezwungen werden. Die Expedienten, die mit Stress und Überstunden Flugverbindungen umrouten mussten, dürften wenig Solidaritätsgefühl haben für die Piloten und die Lokführer. Ebenso wenig die Hoteliers, oder wer auch immer mittelbar oder direkt davon lebt, dass Menschen unterwegs sind – privat oder beruflich.
Es ist ein Gefühl der wütenden Ohnmacht, von außen mitansehen zu müssen, wie für einen nichtigen Tarifstreit Unschuldige als Druckmittel missbraucht werden. Nein, es geht nicht etwa um Substanzielles, nicht um Massenentlassungen, um Lohnkürzungen oder Daumenschrauben aus dem Folterkasten des Turbokapitalismus. Es geht um nicht mehr zeitgemäße Pfründe bei zudem  hoch dotierten Piloten-Verträgen für künftige Neueinstellungen. Und es geht im Wesentlichen um einen Machtkampf zwischen zwei Gewerkschaften auf der Schiene.
Wenn es noch Zweifel gab, ob man sich einmischen solle in die doch eigentlich ganz gut austarierte Balance of Power, haben die Warnstreiks der letzten Tage deutlich gemacht, dass die Politik jetzt Handlungsbedarf hat. Von daher muss man GDL und Vereinigung Cockpit aus der Sicht einer Geisel sogar dankbar sein, dass sie die besten Argumente für ihre Abschaffung gerade selbst liefern.