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Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Bahn auf falschem Gleis

Lautsprecher 209 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt
cropped-drensek_kommentar.jpgDer Berliner an sich, so behaupten böse Zungen, rennt überall hin, wo es gratis was zu feiern gibt, und wenn es nur die Eröffnung eines Klohäuschens ist. Wie gut da, dass diese Stadt an „Events“ nun wahrlich nicht arm ist. Dennoch, nur verhalten sexy an diesem Wochenende das Jubiläum des Berliner Hauptbahnhofs, der seit 10 Jahren in einer imaginären Mitte Berlins angesiedelt ist, und wo sich das Zentrum drumherum erst langsam entwickelt. Wobei man schon glücklich sein muss, dass es irgendwann nicht schmuddelig verranzt sein wird, wie bei fast allen anderen deutschen Großstädten, sondern allenfalls architektonisch gruselig einfallslos. Mittlerweile ist man sogar schon dankbar, dass es den Hauptbahnhof überhaupt gibt, und ihm nicht damals dasselbe Schicksal widerfuhr, wie heute dem an Planungs-Dilettantismus nicht mehr zu überbietendem Berliner Flughafen.
Ein Jubiläum im Jubiläum ging darin fast unter. Vor 25 Jahren, am 29. Mai 1991, starteten die ersten ICE Züge in der Industrienation Deutschland. Reichlich spät im internationalen Vergleich. Aber heute könnte man sich die Bahn ohne die Flitzer gar nicht mehr auch nur ansatzweise konkurrenzfähig vorstellen im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln.  Allen dauernden technischen Kalamitäten und der chronischen Unpünktlichkeit zum Trotz.
Es gibt sie tatsächlich, die schönen Momente des Bahnfahrens, die sich dann fast so anfühlen in der Werbung. Außerhalb der Rush-Hour, möglichst in der 1. Klasse, aber auf jeden Fall mit reserviertem Platz und nicht zu viel Gepäck, und ohne die unvorhersehbaren Störungen auf dem Gleis oder im Antrieb, die einen in Umsteige-Panik versetzen. Dann ist Bahnfahren wirklich entspannend. Weniger allerdings, wenn man den vollen Preis für das Ticket bezahlen musste. Dann ist die Fahrt eigentlich nur noch Luxus.
Zwar hatte die Bahn letztes Jahr 132 Millionen Passagiere befördert – das war Rekord und politisch so gewollt. Schließlich hat der Bund 20 Milliarden in den Ausbau der Infrastruktur gesteckt, um sein Verkehrsunternehmen attraktiver zu machen. Trotzdem: Umsatz und Gewinn brachen ein, da die Bahn nur durch Sonderaktionen so viele mit endlich konkurrenzfähigen Schnäppchen-Preisen auf die Schiene lockte. Folge: zum ersten mal seit 12 Jahren ein Verlust von 1,3 Milliarden Euro.
Und jetzt kommen wir zum Gordischen Knoten für Herrn Grube. Wie soll er darauf reagieren? Durch knallhartes Sparen, Aufgabe von Strecken und Verkehrsmitteln, oder durch weitere Investitionen in die Kundenzufriedenheit?
Meine Position als Verbraucher ist da klar. Vor allem im Wettbewerb des Individual-Fernverkehrs – also abseits des großen, weiten Feldes Pendler-Beförderung – muss sich die Bahn nach den Anforderungen des Marktes und seinen Begehrlichkeiten richten. Und nicht umgekehrt, der Markt hat gefälligst zu akzeptieren, was die Bahn anbietet. Das Schmerzhafteste ist endlich eine realitätsbezogene Preiskalkulation. Eben gecheckt, Bahnfahrt Berlin-Köln One Way 195 Euro und fünf Stunden, Flug 65 Euro und eine Stunde, Getränke und Snack inklusive. Bus habe ich gar nicht mehr gecheckt, damit sich kein Manager aus dem Bahntower stürzt..
Welches fucking argument soll den Verbraucher hier gnädig stimmen? Außer bei denjenigen, die eine Flugphobie haben?
Oder die brutale Streichung der Nachtzug-Verbindungen ab Oktober. Ob nun mit ohne Autotransport. Sie seien hoffnungslos unrentabel, heisst es von der Bahn. Hoffnungslos? Ja, wenn das Produkt so betrieben wird, wie bisher, dann stimmt das. Es gibt wohl kaum etwas Unromantischeres, als eine Fahrt in einem Nachtzug der Deutschen Bahn. Von der Hardware, dem aufwändigen Procedere bis zum Serviceangebot an Bord auf gruseligstem sozialistischen Staatsbahnen-Niveau. Wenn man da fast 500 Euro für einen Schlafwagen Platz mit Autotransport gezahlt hat, wie auf der schon stillgelegten Strecke Berlin / München, ist man fürs Leben kuriert.
Hier zeigt sich am besten die Deppenhaftigkeit des Bahn-Managements. Aus Verzagtheit, und weil es keine Erfolgskontrolle gibt, wie bei einem kommerziellen Unternehmen, werden keine unternehmerischen Entscheidungen getroffen, sondern buchhalterische.
Vielleicht sollte sich die oberste Etage des Bahntowers mal eine Klausurtagung in der Schweiz gönnen, und sich von den kleinen Nachbarn zeigen lassen, wie man richtig und kundenorientiert ein Infrastruktur-Unternehmen leitet. Dann klappt’s auch wieder mit den Fahrtgästen. Weiter so, wie bisher? No mercy!

Reiseradio 062 – Bewegen im Urlaub – Thomas Cook und die neue Lust am Sport / Radeln mit Rückenwind – E-Bikes am Chiemsee / Golfen mit Aussicht – schöne Plätze im Salzkammergut

Das sportliche Betätigen im Urlaub ist unser Schwerpunkt im Reiseradio heute. Bisher waren es vor allem Spezialisten, die sich um Urlauber kümmerten, die auch fern der Heimat intensiv Sport treiben wollten. Denn jemand, der nicht nur aus Lust und Laune mal in Fitness-Aktivitäten hineinschnuppern möchte, erwartet eine professionelle Infrastruktur vor Ort. Etwas, was die Dickschiffe der Veranstalter nicht unbedingt leisten wollten, so lange man mit dem faulen Urlauber ebenso gut sein Geld verdienen konnte. Aber die Zeiten haben sich geändert. Die gnadenlos oberflächlichen Preisvergleiche im Internet machen es immer schwerer, Standard-Produkte sicher an den Counter zu bringen. Man braucht Reiseangebote, die eine exklusive Signatur tragen. Bei Thomas Cook möchte man den Sport zu einer dieser Girlanden klöppeln. Und dafür reicht es natürlich nicht, nur etwa einen Golf-Katalog ins Regal zu stellen. Drei Säulen sollen die Fitnessfreunde in Zukunft ansprechen: ein Sportkatalog, in dem es wirklich schweißtreibend zur Sache geht, Sport-Clubs, in denen nach der Methode des Zehnkämpfers Frank Busemann ambitioniert ein wenig trainiert wird, und für Einsteiger die Gesund & Glücklich Programme, in denen man unter dem Stichwort Meditation und Yoga auch einfach mal faul abhängen kann. Mit dem Leiter der Zielgruppen-Programme bei Thomas Cook, Volker Schmidtgen, unterhalte ich mich über das Thema Urlaub und Leibesertüchtigung.

Wer hat’s erfunden? Die Schweizer? Na ja, wir würden es dem sympathischen Völkchen ja gönnen wollen, aber Wandern in den Bergen hat wohl kein Copyright. Auch, wenn die Schweizer gerne mal hinter dem Wort Berge vorwitzig das entsprechende kleine Zeichen mit dem c im Kreis setzen. Aber es gibt nur wenige, die das Wandern geradezu lyrisch so erlebbar beschreiben, wie Jürg Schmidt, der Big Boss bei Schweiz Tourismus. Gleich im Reiseradio.

Wer hat’s erfunden? Die Schweizer? Na ja, dieses Mal stimmt es schon eher. Denn die ersten wirklich funktionalen Elektrobikes wurden bei den Eidgenossen zusammengeschraubt und genießen auch heute noch so etwas wie Rolls Royce Charakter. Auch das Konzept, dass man in einer Region schweißlos umherradeln kann ohne Angst vor dem leeren Akku, wurde zunächst mal bei den Schweizern in Graubünden perfektioniert. Mittlerweile hat der Erfolg viele Töchter. Eine radelt rund um den Chiemsee – sogar ausgezeichnet mit dem ADAC Touristikpreis. Ich unterhielt mich mit Franz Meyer von Additve Bikes über Urlaubs-Radler, die nicht strampeln wollen.

Wer hat’s erfunden? Nein, auf keinen Fall die Schweizer; es waren die Engländer: Das Golfspielen. Noch immer nicht unbedingt ein Massensport bei uns, aber einer, dessen Protagonisten sehr gerne gesehen werden bei den Touristikern. Denn Golfer sind bei aller Lust am Sport auch Genießer – und das heißt betriebswirtschaftlich: sie geben gerne Geld aus. Regionen wie das Salzkammergut profitieren heute von dieser Zielgruppe. Hier gibt es auf die Fläche gesehen extrem viele Golfplätze. Dazu noch wunderschöne. Der Topografie ist es geschuldet. Das, was das Auge des Golfers entzückt, der abwechslungsreiche in die Landschaft modellierte Kurs, hat früher die Bauern zur Verzweiflung gebracht: hügeliges Gelände, das sich nicht richtig landwirtschaftlich bearbeiten ließ. Das hört sich nach win-win-Situation an. Aber auch im Salzkammergut gibt es Hürden vor den Würden, bevor abgeschlagen werden kann. Wir beleuchten die Beispiele Attersee und Mondsee.

Eine kleine Fußball-Nachlese gibt es auch noch passend zum Höhepunkt der deutschen Fußballwelt bis zur Frauen-WM – und sportlich versuchen Karl Born und ich, die Klippen einer touristischen Woche zu umschiffen.