Touristik Talk

Wasmitreisen - Das erste Reiseradio für Profis im Internet

Touristik Talk

Hintergrund, Klatsch und Service für Touristik-Profis

Der unwürdige Rausschmiss

Lautsprecher 187 – der „Was mit Reisen“-Standpunkt

cropped-drensek_kommentar.jpgIch habe, und das wissen Sie als langjähriger Hörer des Reiseradios, ein eher gespaltenes Verhältnis zu den politischen Verantwortungsträgern im Tourismus. Auf der ITB versuche ich jede Pressekonferenz mit Abgeordneten, Staatssekretären oder Ministern zu vermeiden als journalistischer Zuhörer, da mir die Zeit zu schade ist für lauwarme Luft von Amateuren, bei denen das Parteibuch das Wissen ersetzt. Und von daher dürfte es eigentlich auch für mich nur eine Randnotiz sein, dass der für Ägypten so rührige Hisham Zaazou während der ITB seinen Ministerposten verlor.
Trotzdem hat es mich schon etwas erschüttert. Aber eher die Art und Weise dieser fast schon Nacht- und Nebel-Aktion, die den Ruch eines Putsches in einer Bananenrepublik verströmte. Man muss sich das mal vorstellen. Ägypten, ein Land, das durch eigenes Verschulden und staatliches Chaos als Urlaubsdestination in den Abgrund schlitterte, in dem Hunderttausende vom Tourismus abhängige Menschen von Ruin bis zu Hungersnot bedroht waren, schmeisst in einer an Unwürdigkeit nicht mehr zu überbietenden Art und Weise den Mann aus dem Kabinett, der in den letzten Jahren als einziger die Fähigkeit hatte, bei ausländischen Regierungen und touristischen Unternehmen für das nötige Vertrauen zu werben, Urlauber wieder in das Land am Nil zu schicken. Er war, und das wird ihm zum Verhängnis geworden sein, bekannter und geschätzter außerhalb Ägyptens, als Machthaber Sisi selbst.
Zaazou war „nur“ ein Technokrat, und dazu noch koptischer Christ. Für althergebrachte Parteigänger in einem muslimischen Staat eine absolute Zumutung. Bei den Kairoer Politschranzen war er nie geliebt, allenfalls respektiert wegen seiner erfolgreichen Aufbauarbeit. Und auch die Handvoll Wirtschaftsmagnaten des Landes, die alles unter sich aufteilen, gerade den Tourismus, wurde mit ihm nicht warm, da er anscheinend immun war gegen die Unterstützung auf Gefälligkeitsbasis, um es vorsichtig zu umschreiben.
Der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan, der Mohr musste nun gehen – dieses politische Spielchen war auch ihm selbst klar, wie er noch vor wenigen Tagen in vertraulichen Gesprächen andeutete. Aber dass es dann so stillos praktiziert wurde, mit einem Telefonanruf am Mittwochabend mit dem Rapport zur sofortigen Heimreise, das erstaunt doch.
Dem inthronisierten Nachfolger Khaled Rahmi hat Ägyptens Präsident Sisi damit einen schlechten Dient erwiesen. Denn mag er auch ein touristischer Fachmann sein, und seine Biographie lässt das zumindest erhoffen, wird er sich jetzt jeden Funken Respekt außerhalb der ägyptischen Landesgrenzen erst mühsam erarbeiten müssen. Ihm hängt jetzt erst mal, vielleicht unverschuldet, die böse Legende des Dolchstoßes an, während sein Diensther im Ausland weilte, um für die ägyptische Tourismuspolitik auf der wichtigsten Messe der Welt geehrt zu werden. Das schafft keinen roten Teppich für Rahmis Antrittsbesuche. Und auch kein Vertrauen in die Regierungskunst eines Landes, das ohne den Tourismus Gefahr läuft, zu einem failed state herabzusinken.

Wir freuen uns über Ihre Meinung!

Offene Worte jederzeit - aber bitte höflich und themenbezogen!

Kommentare

Nur, um auf die ersten Sätze von Ihnen einzugehen: Es ist der Anwesenheit von Journalisten und deren Fragen bei Pressekonferenzen zu verdanken, dass Weltbewegendes passieren… der Fall der Mauer, beispielsweise…

Wolfgang Hoffmann

9. März 2015

Zum Artikel möchte ich nur festhalten, Herr Hisham Zaazou selbst ist Moslem, verheiratet mit einer Christin.
Mfg Zaazou Karim

Karim Zaazou

9. März 2015